Die IBA versucht offenbar, eine Brücke zwischen den Olympioniken von Paris 2024 und dem eigenen Verband herzustellen, nachdem das IOC die IBA von den Olympischen Spielen ausgeschlossen hatte.
Olympiasieger qualifizieren sich automatisch für IBA-Weltmeisterschaftstitelkämpfe
Wie IBA-Präsident Umar Kremlev mitteilte, sollen die olympischen Goldmedaillengewinner berechtigt sein, bei den IBA-Champions Night-Veranstaltungen um die WM-Titel zu boxen. Bei diesen professionellen Kämpfen, die mittels Ten-Point-Must gewertet werden, aber die Ergebnisse nicht in den offiziellen Profirekord der Boxer eingehen (zB bei BoxRec), werden zudem hohe Börsen gezahlt.
Weiter plant die IBA (ehemals AIBA), einst der anerkannte, jetzt geschasste internationale Welt-Amateurboxverband, Preisgelder an die Box-Olympioniken auf Grundlage ihrer Platzierungen in Paris 2024 auszuschütten – und das, obwohl die IBA mit den Spielen in Paris nichts zu tun hat. Die IBA sieht vor, dass die Olympischen Spiele als Qualifikationsrunde für die Finalisten dienen, die sich mit Goldplatzierungen das Recht verdienen, um die IBA-Weltmeistertitel zu kämpfen. „Die sind mit einem Preisgeld von über 13.000.000 US-Dollar für 13 Hauptgewichtsklassen dotiert, davon 7 bei den Männern und 6 bei den Frauen“, so der IBA-Präsident Kremlev.
In einer Presseerklärung der IBA heißt es: „Die Führung der International Boxing Association (IBA) hat die mutige Entscheidung getroffen, allen Olympiasiegern und Medaillengewinnern von Paris 2024 ein Preisgeld zukommen zu lassen. Mit diesem in der Geschichte des Sports beispiellosen Schritt sollen die Athleten, Trainer und nationalen Verbände unterstützt und das Engagement der IBA unterstrichen werden, ihren Athleten auf der Grundlage ihrer harten Arbeit und ihres Engagements für den Boxsport die bestmögliche Unterstützung zukommen zu lassen.“
Hohe Preisgelder für Gold-, Silber- & Bronzemedaillengewinner sowie 4. und 5. Plätze
Kremlev dazu weiter: „Wir unterstützen alle unsere Athleten, die an den Olympischen Spielen 2024 teilnehmen und ich bin sehr stolz darauf, im Namen der gesamten internationalen Boxgemeinschaft anzukündigen, dass alle Pariser Goldmedaillengewinner des Boxwettbewerbs eine beträchtliche finanzielle Belohnung von 100.000 US-Dollar erhalten werden. Davon erhält der Athlet 50.000 US-Dollar, sein nationaler Verband 25.000 US-Dollar und sein Trainer 25.000 US-Dollar.“
„Für eine Silbermedaille werden 50.000 US-Dollar Preisgeld vergeben, wobei der Athlet 25.000 US-Dollar erhält und die restlichen 25.000 US-Dollar gleichmäßig auf den Trainer und den nationalen Verband verteilt werden. Für eine Bronzemedaille stellen wir 25.000 US-Dollar zur Verfügung, von denen 12.500 US-Dollar an den Athleten gehen und 12.500 US-Dollar wiederum gleichmäßig aufgeteilt werden. Zusätzlich erhalten die Athleten, die im Viertelfinale unterlegen waren und den fünften Platz belegten, jeweils 10.000 US-Dollar von der IBA, so dass sich der gesamte Preisgeldfonds auf mehr als 3,1 Millionen Dollar beläuft, die an über 100 Boxer verteilt werden“, erklärte IBA-Präsident Umar Kremlev.
Eine feste Regelung für Preisgelder gibt es bei Olympia nicht und hängt meistens von den nationalen Verbänden, häufig auch Unterverbänden der entsprechenden Sportarten ab. So will die Stiftung Deutsche Sporthilfe beispielsweise für Paris insgesamt knapp 2,1 Millionen Euro für alle deutschen Sportlerinnen und Sportler bereitstellen. Für Gold gibt es 20.000 Euro, für Silber 15.000 Euro und für Bronze 10.000 Euro. Die Plätze vier bis acht werden mit abstufenden Beträgen von 5000 bis 1500 Euro gewürdigt.
Eine besondere Preisverleihung zu Ehren der Olympiamedaillengewinner von Paris soll es laut der IBA ebenfalls geben. Die Gewinner werden dann nach erfolgreichem Bestehen der jeweiligen Anti-Doping-Verfahren mit dem Preisgeld ausgezeichnet.
Will sich die International Boxing Association „zurückkaufen“?
Das Preisgeld kündigte die IBA für die Boxerinnen und Boxer in Paris an, nachdem sie bereits mehrfach auf die Notwendigkeit dieses Schrittes hingewiesen hatte. Natürlich sollten die Sportler, in unserem Fall speziell die Boxerinnen und Boxer, eine Entlohnung für ihre Leistungen erhalten, auch wenn der sportliche und nicht der wirtschaftliche Aspekt im Vordergrund steht. An der Stelle sollte man aber nicht vergessen, dass das professionelle Betreiben, egal welches Sports, fast immer mit zahlreichen Entbehrungen und nur wenig finanzieller Anerkennung verbunden ist. Dass die IBA nun Gelder ausschütten will, mag für die Boxer gut sein, doch schwingt hier auch immer der Gedanke des „Zurückkaufens“ mit.
Die IBA, die vor einiger Zeit vom IOC wegen Korruptions- und Manipulationsvorwürfen sowie mangelnder finanzieller Transparenz von den olympischen Spielen ausgeschlossen wurde und diese nicht mehr beaufsichtigt, hat mit dem neu gegründeten Amateurweltverband „World Boxing“ Konkurrenz erhalten. Aus jetziger Sicht ist eine Rückkehr der IBA zu Olympia nahezu ausgeschlossen, was zuletzt auch das Schiedsgericht für Sport (COURT OF ARBITRATION FOR SPORT, kurz CAS) bestätigte. Da World Boxing jedoch bisher zu wenige Mitglieder hat, wird es zum jetzigen Stand 2028 in Los Angeles erstmals seit mehr als 1912 (Olympische Spiele von Stockholm) keine Boxkämpfe geben, was ein Desaster für alle Athletinnen und Athleten ist, die sich dafür qualifizieren würden. Damit World Boxing eine Chance bekommt, müssten bis Mitte 2025 die Mehrheit der Boxnationen an World Boxing angeschlossen sein (50% +1 Verband) und danach sieht es aktuell nicht aus.
Man könnte also durchaus davon ausgehen, dass mit dem Ausschütten der beträchtlichen Geldsummen durch die International Boxing Association (IBA) Druck auf die nationalen Verbände ausgeübt werden soll, beispielsweise um eine Abkehr von World Boxing zu forcieren. Vor allem asiatische und afrikanische Länder erweisen sich als IBA-treu.
Oder, um es mit den Worten von Marcus Tullius Cicero zu sagen: „Nichts ist so sicher geschützt, dass es nicht mit Geld erobert werden kann.“