Als sich am 1. März 1997 im Convention-Center in Atlantic City (New Jersey, USA) die beiden Box-Legenden „Sugar“ Ray Leonard und Hector „Macho“ Camacho im Ring gegenüberstanden, war der Kampf an Prestige und Glamour kaum zu überbieten. BOXEN1 blickt zurück auf ein Gefecht zweier Ausnahmeboxer, deren Leben und Schicksale perfekte Vorlagen für den ein oder anderen „Hollywood-Streifen“ wären.
„Superstar“ Sugar Ray Leonard
Wenn man die Karriere von Sugar Ray Leonard betrachtet, stellt man fest, dass dieser Boxer bis dahin einmalig war! Denn der heute 60-jährige Hall-of-Famer hat in seiner langen Laufbahn viele Glanzlichter gesetzt. Als Amateur gewann er fast alle nationalen Turniere und holte 1976 bei den olympischen Spielen, in Montreal, Gold. Bei den Profis sollte die Erfolgs-Story weitergehen.
In insgesamt fünf verschieden Divisionen (vom Welter- bis Halbschwergewicht) wurde er Weltmeister. Er bezwang, unter anderem, Stars wie Thomas Hearns, Roberto Duran oder Marvin Hagler. Seine Bewegungen und technischen Fähigkeiten im Ring waren aussergewöhnlich. Als „kleinere Version von Muhammad Ali“ wurde Leonard zum ersten großen Superstar in den leichteren Gewichtsklassen. Vielleicht ist Sugar Ray Leonard so etwas wie der Floyd Mayweather der 70er und 80er Jahre.
Doch auch ihm sollte es, wie auch einigen anderen Box-Größen, nicht so recht gelingen, die Zeichen der Zeit zu erkennen und die Boxhandschuhe im richtigen Moment an den Nagel zu hängen. Im Februar 1991 stellte er sich dem damaligen WBC-Weltmeister Terry Norris und verlor klar nach Punkten. Dass Leonard über seinen Zenit hinaus war, schien nach dieser Niederlage offenkundig zu sein. So zog „Sugar-Ray“ die Konsequenzen und trat vom aktiven Boxsport zurück. Sechs Jahre vergingen, als sich seine Meinung ändern sollte. Wieder sollte es nochmal einen grossen Zahltag geben. Im Alter von vierzig Jahren wollte er es wieder wissen.
Duell zweier Extreme
Die Gegnerwahl fiel auf den sechs Jahre jüngeren Hector „Macho“ Camacho. Den Spitznamen „Macho“ hat sich der Puerto-Ricaner wahrlich verdient! Auch er war Champion in (immerhin) drei Gewichtsklassen und machte vorallem durch seine extravaganten Outfits auf sich aufmerksam. Legendär waren ebenso seine spektakulären Walk-In’s bei seinen Boxkämpfen, die selbst ein Prince Naseem Hamed nicht besser hätte inszenieren können.
Auch Camacho schien seine beste Zeit hinter sich zu haben, war aber im Gegensatz zu der langen Box-Pause von Leonard wesentlich aktiver. Reizvoll war das Duell der beiden „Alt-Stars“ für die Fans in den USA dennoch. So kam es also zum Showdown, bei dem sich der Sieger gute Aussichten auf einen WM-Fight mit dem damaligen Publikumsliebling Oscar De La Hoya versprach.
Desaster für „Sugar-Ray“
Von Beginn an war Sugar Ray Leonard die lange Wettkampfpause von sechs Jahren anzumerken. Nur phasenweise blitzte seine einstige Klasse auf. Hector Camacho war viel zu explosiv und zu schnell. Immer wieder gelangen dem Latino klare Treffer. Leonard versuchte die Aktionen seines Gegners mit verzweifeltem Halten und Klammern zu unterbinden. Doch es sollte nichts nützen…
Nach einer knappen Minute in der fünften Runde musste Leonard nach harten Treffern von Camacho zu Boden. Zwar kam er wieder auf die Beine, von dem Niederschlag sollte er sich jedoch nicht erholen. Nach einem weiteren Schlaghagel nahm Ringrichter Joe Cortez den hilflos an den Ringseilen wankenden Sugar Ray Leonard aus dem Kampf.
Dass eine wirklich große Box-Persönlichkeit wie Leonard nur noch als dünner Schatten seiner frühereren Tage zu sehen war, stimmte viele Zuschauer traurig. Einsichtig und realistisch äußerte sich der Unterlegene unmittelbar nach dem Kampf: „Das war es für mich! Im Boxring habe ich nichts mehr zu suchen!“ Nach seinem endgültigen Rücktritt vom aktiven Box-Geschehen, fungierte Sugar Ray Leonard immer wieder als TV-Experte oder für verschiedene US-Fernsehformate. Finanzielle Sorgen hat er keine. Er kann auch heute noch gut von seinen früheren Kampf-Börsen leben. Heute blickt er zufrieden auf seine Karriere zurück und kann sich rühmen, dass viele erfolgreiche und namhafte Boxer ihn als Idol bezeichnen.
Trauriges Ende von „Macho“ Camacho
Das Leben von Hector Camacho sollte dagegen einen tragischen Verlauf nehmen. Zwar kam es sechs Monate nach dem Leonard-Fight zur großen WM-Chance gegen WBC-Champion Oscar De La Hoya, jedoch verlor er eindeutig nach Punkten.
Sportlich konnte Camacho in der Folgezeit nie wieder an seine früheren Erfolge anknüpfen. Stattdessen geriet er immer öfter mit dem Gesetz in Konflikt. Wegen Drogen und Körperverletzung musste sich Camacho des Öfteren verantworten. Am 20. November 2012 wurde er in seinem Heimatland Puerto Rico, in einem Auto sitzend, durch mehrere Schüsse schwer verletzt und starb vier Tage später. Hector „Macho“ Camacho wurde nur 50 Jahre alt.