Graciano Rocchigiani – Das waren seine größten Erfolge!

Es war die Nachricht, die ganz Box-Deutschland schockierte: Graciano Rocchigiani ist tot! Bei aller Trauer, bleiben die Erinnerungen an sein sportliches Vermächtnis. Der als Sohn eines sardischen Eisenbiegers geborene Berliner, konnte in seiner Box-Laufbahn für viele große Highlights sorgen. BOXEN1 blickt auf die wichtigsten Stationen seiner Karriere zurück!

Graciano Rocchigiani mit Ebby Thust nach seinem WM-Erfolg 1988

WM-Triumph über Vincent Boulware 1988

Nachdem Graciano Rocchigiani als Amateur 122 Kampfe bestritt, wechselte der erst 19-jährige Berliner 1983 zu den Profis. Nachdem ‚Rocky‘ sich den deutschen Meistertitel im Mittel- und Halbschwergewicht sichern konnte, erhielt der Rechtsausleger im März 1988 zum ersten Mal die Chance Weltmeister zu werden. Im Kampf um den vakanten IBF-Titel im Supermittelgewicht stand er dabei dem US-Ami Vincent Boulware gegenüber.

In der Düsseldorfer Phillipshalle stellte Rocchigiani seine boxerischen sowie kämpferischen Stärken eindrucksvoll unter Beweis. Von Anfang an setzte er Boulware unter Druck und gewann letztlich nach 2:11 Minuten in der achten Runde durch technischen Ko. Somit krönte sich Rocchigiani zum neuen IBF-Champion. Er war damit außerdem erst der dritte deutsche Boxweltmeister nach Max Schmeling und Eckhard Dagge. Seinen WM-Titel konnte er bis 1989 dreimal erfolgreich verteidigen, ehe er wegen Gewichtsproblemen den Gürtel wieder abgeben musste.

Europameister 1991 – Legendäre Schlacht gegen Alex Blanchard

Im Februar 1991 gelang Graciano Rocchigiani, im Kampf um die Europameisterschaft im Halbschwergewicht, ein knapper Punktsieg über den Briten Crawford Ashley. Bei seiner ersten Titelverteidigung hatte es Rocky, im September des gleichen Jahres, mit dem Franzosen Alex Blanchard zu tun. Nach hart-umkämpften Runden schwoll das rechte Auge des Berliners komplett zu – der Kampfabbruch drohte! Doch Rocky biss sich durch und deckte den Franzosen im neunten Durchgang mit Schlagserien ein, ehe der Ringrichter das Gefecht abbrach. Der TKo-Sieg über Blanchard zählt zweifellos zu Rocky’s größten Highlights!

WM-Fight gegen Chris Eubank 1994

Für den Fight um die WBO-Krone gegen Titelverteidiger Chris Eubank Sr, ging Rocky im Februar 1994 wieder zurück ins Supermittelgewicht. In der Berliner Deutschlandhalle setzte der deutsche Herausforderer dem extravaganten Champion enorm zu. Immer wieder gelang es Rocky in der Halb- und Nahdistanz zu sehenswerten Szenen zu kommen. Am Ende reichte es jedoch leider nicht! Nach einem sehr engen und ausgeglichenen Kampfverlauf, wertete das Kampfgericht zugunsten des Weltmeisters. Das Urteil war umstritten und wurde vom Publikum mit einem Pfeifkonzert quittiert. Für Graciano Rocchigiani war es die erste Niederlage seiner Profilaufbahn.

Kult-Duelle gegen Henry Maske 1995

Henry Maske mit Graciano Rocchigiani (Foto: Mandoga Media / Alamy Stock Foto)

Mitte der 1990-Jahre brandete der deutsche Box-Boom auf. Der aus Frankfurt (Oder) stammende Henry Maske erreichte als IBF-Weltmeister im Halbschwergewicht hohe Einschaltquoten. Nach jahrelangen Sticheleien kam es schließlich im Mai 1995 in der Dortmunder Westfalenhalle zum langersehnten Duell. Graciano Rocchigiani brachte den Champion dabei mehrfach in arge Bedrängnis. Vor über 12 Millionen TV-Zuschauern lieferten sich beide Boxer ein legendäres Gefecht! In der neunten und zwölften Runde hatte Rocky den Titelverteidiger sogar am Rande des KO. Doch Rocky zog nach Punkten wiederum den Kürzeren – auch wenn ihn viele Beobachter als Sieger sahen. Fünf Monate später kam es in der Münchner Olympiahalle zum Rematch. Diesmal gelang Henry Maske allerdings ein unumstrittener Punktsieg. Das zweite Duell wollten sich knapp 18 Millionen Interessierte nicht entgehen lassen.

Schlachten gegen den „Tiger“ – 1996 und 2000

Nachdem sich Rocchigiani mit seinen beiden beherzten Auftritten gegen Henry Maske wieder in die Herzen der deutschen Boxfans zurück gekämpft hatte, kam es im August 1996 auf St. Pauli zum Aufeinandertreffen mit WBO-Halbschwergewichts-Champion Dariusz „Tiger“ Michalczewski. Rocky präsentierte sich in einer herausragenden Form und traf den Titelverteidiger mehrfach mit präzisen Händen. Nachdem Rocky seinen Widersacher im Griff zu haben schien, setzte er im siebten Durchgang einen Nachschlag. Michalczewski ging daraufhin zu Boden.

Nicht wenige Zeitzeugen sagen Michalczewski heute noch nach, die Situation theatralisch provoziert zu haben. Nachdem es vorläufig ein „Technisches Unentschieden“ gab, wurde Rocchigiani einige Zeit später disqualifiziert. Das Image des Pechvogels hatte Rocky daraufhin sicher! Die Neuauflage fand vier Jahre später in Hannover statt. Dieses Mal dominierte Michalczewski den Fight nach Belieben. Nachdem Rocchigiani zwei Jahre nicht im Ring stand, gab er nach der neunten Runde auf. Legendär ist Rocky’s Satz im anschließenden Interview: „Ick war satt!“

WBC-Weltmeister im Halbschwergewicht 1998

Seinen letzten großen Triumph feierte Rocky im März 1998. In der Berliner Max-Schmeling-Halle ging es um die vakante WBC-Weltmeisterschaft gegen Michael Nunn. Graciano Rocchigiani trieb seinen Gegner von Beginn an vor sich her und sicherte sich mit klaren Treffern letztlich den verdienten Punktsieg. Einige Monate später erkannte ihm der WBC (World Boxing Council) den Titel wieder ab. In einem millionen-schweren Rechtsstreit setzte sich Rocchigiani Jahre später vor Gericht erfolgreich durch. Seinen letzten Kampf verlor Rocky im Mai 2003 gegen Thomas Ulrich nach Punkten.

Das komplette BOXEN1-Team spricht der Familie von Graciano Rocchigiani ihr tiefes Mitgefühl aus. Box-Deutschland hat ein echtes Original und einen sehr geradlinigen Menschen verloren. Mach et jut, Grazze!

Rocky nach dem Gewinn des IBF-Titels auf den Schultern von Ebby Thust, links Marcel Nartz und rechts Hako Sevecke.
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