Offenbar plant der Saudi-arabische Geschäftsmann Alalshikh einen weiteren disruptiven Schachzug in der Boxwelt.
Alle unter einem Dach: Matchroom, Queensberry, PBC und Golden Boy bald vereint?
Seitdem der Boxsport im kommerziellen Umfeld existiert, hat man ihn seitens der Strippenzieher mehr und mehr gemolken. Die „Sweet Science“ von früher gibt es schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Als Boxen ins professionelle und gut bezahlte Umfeld rückte, gab es einen Weltverband. Damals hieß dieser Verband „National Boxing Association“, heute kennen wir ihn als WBA – die „World Boxing Association“. Es formte sich ein neuer Millionenmarkt: Profiboxen. Im Laufe der Jahre und mit immer weiter zunehmender Kommerzialisierung entstanden weitere Weltverbände, mehr und mehr Promoter etablierten sich.
Das hatte zur Folge, dass es spätestens ab den 1980er Jahren mehrere Weltmeister in einer Gewichtsklasse gab. Um die Kuh weiter zu melken und beispielsweise hohe Sponsoren- oder TV-Gelder zu bekommen, boxten nicht immer die Besten gegen die Besten, denn häufig war man nur mit einem WM-Titel so richtig „wertvoll“ als Boxer. Als krasses Beispiel könnte man hier Deutschland nennen, allen voran die ehemaligen Platzhirsche Universum und Sauerland. Einst den Boxsport aufgebaut, etabliert und gefördert, wurde er zu seinen Höchstzeiten monetär abgeschöpft und „versank“ Jahre später da, wo wir ihn heute finden.
Doch auch im Ausland wurden viele große Fights nicht realisiert, weil man sich nie ob der TV-Verträge oder Börsen einigen konnte – es stand einfach zu viel auf dem Spiel. Dann kam Turki Alalshikh. Der Geschäftsmann aus dem umstrittenen Königreich Saudi-Arabien machte es sich zur Aufgabe, Big Fights zu realisieren – mit Erfolg. Kämpfe, die sonst nur sehr schwer oder nie möglich gewesen wären, stellte er unter Zuhilfenahme großer finanzieller Mittel auf die Beine. Veranstaltungen wie „Day of Reckoning“, „Knockout Chaos“ oder „Ring of Fire“ mit der unumstrittenen Weltmeisterschaft im Schwergewicht zwischen Tyson Fury und Oleksander Usyk sollten den Boxfans bis auf alle Ewigkeit im Gedächtnis bleiben.
„Das Befinden des Sports ist im Moment so gut wie nie zuvor“, sagte beispielsweise der ehemalige WM-Titelträger Chris Algieri im Deep Waters Podcast. „Wir sind von oben bis unten gesund.“ Nun plant Alakaskikh Berichten zufolge, nicht mehr nur große Kämpfe zu veranstalten, sondern seine eigene Box-Liga zu gründen. Es wäre eine Liga, die das gesamte Boxgeschäft, wie wir es heute kennen, verändern könnte! Es soll angeblich eine Liga werden, in der die Fans tatsächlich erkennen können, wer die besten Kämpfer sind und sie wäre das Pendant zur UFC bei den Mixed Martial Arts.
Alakaskikh ist nicht nur ein ausgesprochener Geschäftsmann, sondern auch ein Fan des Boxsports. Wenn man dann noch bedenkt, dass er auf Unmengen von (Öl-)Geld sitzt, sollte man sich fragen, ob dieser Traum tatsächlich Wirklichkeit werden wird. „Wer macht die Rangliste?“, fragte Algieri im Podcast. „Ich weiß nicht, wie man die Rangliste am besten erstellt, aber ich denke, das ist wirklich wichtig, damit das Ganze auch wirklich funktioniert.“ Sein Kollege Paulie Malignaggi, ebenfalls ehemaliger Profiboxer fügte hinzu, dass „man immer noch eine äußere Schicht des Sports braucht.“ Mit anderen Worten: Der Fokus darf nicht nur auf den großen Namen liegen. „Ich will nicht, dass immer dieselben acht Typen gegeneinander kämpfen“, sagte er.
Dennoch deutete Malignaggi an, dass eine einzige „Liga“ sehr gut für das Boxgeschäft funktionieren kann. „Wenn man sie richtig führt“, sagte er, „ist das Potenzial phänomenal.“ Das ist es in der Tat!
„Saudi-Arabiens Public Investment Fund (PIF, Anm. d. Red.) ist in Gesprächen mit mehreren Akteuren des Boxsports, um eine Liga zu gründen“, berichtete Reuters in einer Eilmeldung. Promotions wie Matchroom, Queensberry, PBC und Golden Boy sollen an den Gesprächen beteiligt sein, wie andere Onlineportale berichten. Reuters schreibt, dass diese neue Liga „zwischen 4 und 5 Milliarden Dollar“ wert sein könnte.
Wenn die PIF die Top-Boxpromotoren unter einem Dach vereinen könnte, würde eine neue Ära des Kampfsports anbrechen – das ist sicher. Eine gut organisierte und wirtschaftlich lukrative Liga, die für die Kämpfer gut funktioniert, würde diese Kämpfer auch dazu motivieren, häufiger zu boxen.
Und würde eine Box-Liga die Weltverbände, wie wir sie heute kennen, womöglich sogar fast obsolet machen?