Ex-Europameister Rüdiger Schmidtke gestorben

Und wieder ist einer von den ‚Alten‘ gegangen: Mehrfacher Deutscher Meister und Ex-Europameister Rüdiger Schmidtke nach schwerer langer Krankheit, im Alter von 79 Jahren, gestorben.

Mit Rüdiger Schmidtke habe ich mich im März 1966, vor über 56 Jahren, beim BDB als Mitglied angemeldet. Nachruf auf einen alten Freund von Ebby Thust

Ich war erschüttert als ich am Montagabend die Nachricht bekam, dass mein Uralt-Freund vergangener Tage, Rüdiger Schmidtke, im Alter von 79 Jahren, nach langer Krankheit, in der Nähe von Wiesbaden, verstorben ist.

Ein Fotos aus den alten Tagen (1966) mit meinem Freund Rüdiger Schmidtke. Das neben ihm bin wirklich ich, auch wenn das heute nur noch schwer zu erkennen ist.

Rüdiger Schmidtke und ich lernten uns im Jahr 1965 in meiner Heimatstadt Frankfurt kennen und wurden schnell ‚Best Friends‘. Ende 1965 gingen wir gemeinsam ins Sportstudio von Sandu Pretescu auf der Zeil in Frankfurt. Wir wollten uns eigentlich nur fit halten, doch Sandu Pretescu entdeckte in Rüdiger Schmidtke das Talent als Boxer. Im März des nächsten Jahres 1966 wurden Rüdiger und ich dann gemeinsam Mitglied beim Bund Deutscher Berufsboxer (BDB). ES war mein damaliger Freund Rüdiger, der mich ursprünglich zum Boxsport brachte.

Hier noch ein alte Autogrammkarte von Rüdiger Schmidtke. Er sah eigentlich viel zu gut aus, um Boxer zu werden.

Seinen ersten Profikampf machte Rüdiger, der zuvor noch keinen einzigen Amateurkampf bestritten hatte, im Juni 1966, im Petrescu-Gym in Frankfurt am Main, gegen den späteren bekannten deutschen Promoter (der ‚König der Kleinring-Veranstalter‘) Helmut Slomke. Schmidtke besiegte Slomke nach Punkten. Nach den ersten sechs Kleinring-Veranstaltungen boxte Rüdiger dann im Dezember 1967 erstmals im Rahmenprogramm einer Groß-Veranstaltung in der Frankfurter Festhalle vor großem Publikum. In seinem 13. Kampf, im November 1968, kämpfte Schmidtke dann wieder in der Frankfurter Festhalle gegen den späteren Europameister Conny Velensek, den Rüdiger sensationell in der 4. Runde ausknockte. Bei dieser Veranstaltung boxten auch der frühere Ali-Gegner Jürgen Blin und Super-Leichtgewichts-Europameister Willi Quator, der dann später sogar in Japan gegen Takeshi Fuji um die WM boxte.

Eine Szene aus dem Kampf zwischen Schmidtke vs Grupe: Rüdiger Schmidtke schlägt Norbert Grupe zu Boden.

Der KO-Sieg über Conny Velensek war der Durchbruch für Rüdiger Schmidtke, der ursprünglich von dem Offenbacher Walter Fischer trainiert wurde und dann später ins Müller-Camp nach Kelkheim/Ts., zu Wolfgang Müller wechselte, wo auch Karl Mildenberger und Lothar Stengel trainierten. Nach weiteren vier Siege in Folge wurde Rüdiger Schmidtke im November 1969, erstmals Hauptkämpfer in der Frankfurter Festhalle. Sein Gegner: der damals, weit über Deutschland hinaus bekannte Norbert Grupe, der sich als Boxer ‚Prinz Wilhelm von Homburg‘ nannte.

Auch den italienischen Ex-Europameister Piero del Papa schlug Rüdiger Schmidtke zu Boden.

Norbert Grupe, der im Jahr zuvor den deutschen Ex-Europameister Gerhard Zech besiegte und im gleichen Jahr den italienischen Ex-Europameister Giulio Rinaldi in Berlin ausgeknockt hatte und auch noch im gleichen Jahr gegen den späteren Ali-Gegner und Weltranglistenersten, den Argentinier Oscar Bonavena im Ring stand, war der haushohe Favorit dieses Kampfes in der Frankfurter Festhalle, aber es war Rüdiger Schmidtke der diesen Kampf nach 10 Runden gewann und Grupe sogar zweimal zu Boden schlug. Grupe der danach gegen die leider auch kürzlich verstorbene deutsche Boxlegende, den Muhammad Ali-Gegner Jürgen Blin boxte, wollte danach unbedingt einen Revanchekampf gegen Schmidtke, der dann auch im Jahre 1970 in Köln stattfand ….. und wieder gewann Rüdiger Schmidtke. Zuvor gewann Schmidtke im Januar 1970 gegen Arno Prick noch den Titel eines Deutschen Meisters im Halbschwergewicht. Schmidtke kämpfte insgesamt fünf Mal um den BDB-Titel.

Olympiasieger und EM-Titelverteidiger Chris Finnegan vs. Rüdiger Schmidtke. Hier gewann Schmidtke den EBU-Titel.

Jetzt war die Zeit von Rüdiger Schmidtke gekommen, den es durch seine Siege in den Ranglisten nach oben gespült hatte. Schmidtke scheute keinen Gegner. In seinem nächsten Kampf, stand er wieder im Hauptkampf in der Frankfurter Festhalle, keinem Geringeren als der kroatischen Boxlegende, dem Ex-Europameister  und Halbschwergewichts-Olympiasieger 1972 in München, Ivan Prebeg gegenüber, der in seinem letzten Kampf zuvor, den deutschen Schwergewichtler Charly Graf vorzeitig durch tKO besiegte. Nach einem großen Kampf endete dieser Kampf unentschieden.

Nach weiteren fünf Siegen in Folge, darunter auch der Kampf gegen den italienischen Ex-Europameister Piero del Papa, stand Rüdiger Schmidtke in der Europarangliste an Nr. 1 und wurde der offizielle Herausforderer des amtierenden englischen Europameisters Chris Finnegan. Gegen Titelverteidiger Chris Finnegan der 1968 bei den Olympischen Spielen in Mexiko die Goldmedaille gewann und zu dieser Zeit Europameister und einer der besten englischen Boxer war, war Rüdiger Schmidtke auf dem Papier nur der krasse Außenseiter. Doch Rüdiger schaffte die Sensation, er bezwang den haushohen Lokalmatador im Londoner Wembley Station, in einem damals noch auf 15 Runden angesetzten Meisterschaftskampf, durch tKO in der zwölften Runde und holte sich den EBU-Titel.

Ein Foto aus alten Tagen, mit fünf deutschen Boxlegenden, von links, neben mir Ex-Weltmeister Eckard Dagge, Ex-Europameister Rüdiger Schmitdtke, Ex-Europameister Lothar Stengel, unten sitzend: Ex-Deutscher Meister Frank Reiche und Ex-Europameister Karl Mildenberger als Ehrengast bei meiner Veranstaltung in der Bad Homburger Tennis Bar.

Nach drei weiteren Siegen in Folge musste Schmidtke wieder nach England um seinen Titel gegen den späteren Halbschwergewichts-Weltmeister John Conteh zu verteidigen. Hier verlor Schmidtke seinen EM-Titel durch tKO in Runde 12 nach großem Kampf.

Danach machte Rüdiger Schmidtke noch einige Kämpfe gegen große Gegner im Ausland, so gleich zwei Mal gegen den Weltranglisten-Boxer Pierre Fourie in Johannesburg, Süd-Afrika. Im Mai 1975 ließ Schmidtke die Boxwelt noch einmal aufhören, als er wieder in Johannesburg in Süd Afrika, wohl als Verlierer eingekauft wurde, aber dann absolut sensationell den einheimischen Lokalmatador und Weltranglisten-Mann Kosie Smith besiegte.

Hier links und rechts von mir, Rüdiger Schmidtke und Karl Mildenberger, bei mir zuhause bei einer Box-Party.

Ich hoffe, dass ich aus der Sicht einiger nicht zu ausführlich über die Karriere des Rüdiger Schmidtke geschrieben habe, aber ich glaube Rüdiger hat diese Würdigung mehr als verdient. Ich habe Rüdiger dann auch später ab und an wiedergetroffen, einmal bei einem Besuch in meinem Haus in Niedernhausen-Wildpark zusammen mit dem leider auch schon verstorbenen Ex-Europameister Karl Mildenberg. Doch als ich dann vor 22 Jahren nach Mallorca auswanderte haben wir leider den Kontakt verloren, umso erschütterter war ich als ich die Nachricht seines Todes erfuhr.

Leider konnte ich es nicht mehr schaffen zu seiner Beerdigung einzufliegen, da ich erst am Abend der Beisetzung von seinem Tod erfahren habe. Aber mein Freund Hako Sevecke, den ebenfalls eine lange Freundschaft mit Rüdiger verbindet, hat auch in meinem Namen ein Blumengesteck an der Stelle seiner Urnenbeisetzung niedergelegt. Ich wünsche Rüdigers Frau Inge, die er gemeinsam mit mir vor ca. 56 Jahren kennengelernt hat und die bis zu seinem letzten Tage an seiner Seite war, mein aufrichtiges Beileid. Machs gut mein Freund, vielleicht sieht man sich wirklich in einem anderen Leben wieder.

Hier ein ziemlich aktuelles Foto von Ex-Europameister Rüdiger Schmidtke.

Rüdiger Schmidtkes größter Kampf um die Europameisterschaft im Schwergewicht gegen den Olympiasieger und Titelverteidiger Chris Finnegan in Wembley, London.

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1 Kommentar

  1. Schmidtke wurde Europameister im Ausland. Und dies zu einer Zeit, in welcher „Europameister“ noch bedeutete „der Best in Europa“. Kein Vergleich zu heute. Er war ein Level unter Leuten wie Galindez und Conteh. Aber er war ein echter top zehn Boxer……..und wie viele gab es davon in Deutschland?? ECHTE top zehn Boxer?? Heute wäre er mit sicherheit ohne probleme einer dieser „Weltmeister“. Besser als ein Bösel oder Ulrich war er in jedem Fall. Und sein Werdegang ist wirklich verrückt! Fängt als Erwachsener beim Fittness – Studio an zu boxen…………und wird noch weltklasse. P.s. Stimmt es dass er früher als Model gearbeitet hat bevor er Boxer wurde?? Hab ich irgendwie so in Erinnerung.

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