Es fehlt nicht an guten Boxern – Es fehlt an Gladiatoren

Erol Ceylan vor der IBO-Weltmeisterschaft zwischen Karo Murat und Sven Fornling (Foto by Sebastian Heger)

Box-Promoter Erol Ceylan über die aktuelle Lage seines Box-Stalls und die zukünftige Ausrichtung

Erol Ceylan hat sich in der vergangenen neun Jahre seinen Platz als Promoter in Deutschland und der Welt erarbeitet. Mit seinem Stall EC Boxpromotion schafft der Hamburger Kaufmann es immer wieder hochklassige Veranstaltungen durchzuführen und seinen Boxern weltweit große Kämpfe zu besorgen. Wie Erol Ceylan das letzte Jahr erlebt hat und was er sich für die Zukunft wünscht, erfahren Sie im Interview.

Herr Ceylan, seit 9 Jahren veranstalten Sie mit großer Leidenschaft Box-Kampftage, haben in dieser Zeit viel Geld in ihre über 20 Profi-Boxer investiert und sich in der Szene einen guten Namen gemacht. Haben sich Ihre Träume rückblickend erfüllt?

Erol Ceylan: „Sportlich sehe ich mein Engagement durchaus positiv. Finanziell ist die Situation eine andere. Ohne TV-Sender sind internationale Kampfabende praktisch nicht mehr zu finanzieren. Ich habe fast alle Veranstaltungen aus eigener Tasche bezahlt. Das kann es nicht sein. Wenn ich bei einer so fantastischen Veranstaltung wie zuletzt beim Dinner-Boxen THE NIGHT OF THE CHAMPIONS mehrere Hundertausend Euro Miese mache, dann macht das keinen Sinn. Und wenn ich dann auch noch die Produktion eines regionalen TV-Senders subventionieren muss, damit wenigstens die Hauptkämpfe im Fernsehen zu sehen sind, dann macht man sich Gedanken. Aber wenn man im Ring hochwertigen Sport zeigt, dann darf die TV-Übertragung und Licht- und Tontechnik dem in nichts nachstehen.“

Erol Ceylan mit dem „Boxen1 Boxer des Jahres“ Sebastian Formella, Ex-Europameister Zeljko Mavrovic und Boxen1 Chefredakteur Ebby Thust bei der Ehrungszeremonie im Ring in Hamburg. (Foto by Sebastian Heger)

Warum ist das so?

Erol Ceylan: „Es fehlt nicht an guten Boxern. Das hat ja auch der letzte Kampftag in der Sporthalle Hamburg gezeigt. Aber es fehlt an Gladiatoren. Medien und Sponsoren steigen heutzutage nur noch dann groß ein, wenn bekannte und prominente nationale oder internationale Fighter im Ring stehen. Da es aber aktuell keinen Henry Maske, Axel Schulz, Dariusz Michalczewski oder auch Wladimir Klitschko gibt, befürchten die großen Sender niedrige Einschaltquoten und geringe Werbeeinnahmen. Ohne TV-Sender aber kann man heute kaum noch erfolgreich veranstalten.“

Ist das auch der Grund, warum ihr „bestes Pferd im Stall“, Christian Hammer, am 2. März nicht in Deutschland, sondern in Brooklyn gegen den Kubaner Ortiz in den Ring steigt?

Erol Ceylan: „Absolut. Ich hätte den Kampf gern ersteigert. Aber ohne Fernsehsender ist das unmöglich. In den USA und auch in England gibt es diese Probleme nicht. Da hatte und hat das Boxen immer einen hohen Stellenwert. Die Veranstalter und Promoter können durch feste TV-Verträge aus dem Vollen schöpfen und dadurch mögliche finanzielle Verluste abfedern.“

In Deutschland dreht sich primär alles um Fußball, Handball, Eishockey, Skispringen, Radsport und Pferdesport. Sind diese Sportarten populärer?

Erol Ceylan: „Nein. Im Gegenteil. Ich behaupte, Boxen ist nach Fußball die beliebteste Sportart. Wenn aber die Gallionsfiguren fehlen, dann wird es schwer. Die Formel 1 hat ohne Michael Schuhmacher erheblich an Popularität verloren. Und auch Tennis hat ohne Boris Becker und Steffi Graf kaum noch eine Lobby.“

Wie bewerten Sie trotz dieser Erkenntnisse das Jahr 2018 und wie geht es 2019 weiter?

Erol Ceylan: „Sportlich war 2018 ein gutes Jahr. Ich bin nicht enttäuscht. Jeder Kampfabend ist individuell zu betrachten. Wir haben ein tolles Team im Ring und auch außerhalb. Alle ziehen mit, wir haben gute Kritiken bekommen und attraktive Kämpfe geboten. Dass die Verluste schmerzhaft waren und sind, ist normal. Darum müssen auch die Rahmenbedingungen wie TV-Sender und Sponsoring erheblich verbessert werden. Daran arbeiten wir. In diesem Zusammenhang wollen wir natürlich auch die Qualität der Boxer erhöhen. Ich werde zukünftig noch intensiver gute Amateurboxer aufbauen und drittklassige Boxer nicht mehr ‚in Watte packen‘.“

Text: EC Boxpromotion

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