Erst vor wenigen Tagen berichteten wir, dass der Kampf von Charr vs. Bryan am 29. Januar im Seminole Hard Rock Hotel in Florida, USA, stattfinden soll – jedenfalls laut BoxRec. Wir haben da mal tiefer gegraben…
Charr vs. Bryan findet womöglich nicht statt
Der Weltverband World Boxing Association hatte festgelegt, dass Charr bis Ende Januar seinen WM-Titel verteidigt haben muss, andernfalls wird ihm der Titel, den er seit seinem Gewinn 2017 nicht verteidigt hat, aberkannt. Die Austragungsrechte an der regulären WBA-Weltmeisterschafft hatte Promoterlegende Don King für 2 Millionen US-Dollar ersteigert. Dessen Schützling Trevor Bryan ist WBA-Interims-Weltmeister und Herausforderer des Deutsch-Libanesen Charr.
Doch ob der Kampf tatsächlich am 29. Januar über die Bühnen gehen wird, ist mehr als fraglich, obwohl er bei BoxRec bereits eingetragen ist.
Verstieß Don King gegen WBA-Regularien?
Blickt und hört man hinter die Kulissen, könnte man schnell auf den Verdacht kommen, dass Don King -mal wieder- Spielchen treibt. Wie BOXEN1 erfuhr, hat Don King mit 2 Millionen US-Dollar zwar die Purse Bid gegen seinen Mitbieter im vergangenen Frühjahr gewonnen, allerdings die zugehörigen Verträge zum Kampf zu spät bzw. bis heute nicht beim damaligen Charr-Promoter Global Sports vorgelegt und damit gegen die Purse Bid-Regeln verstoßen. Laut WBA-Regularien (Punkt D, Absatz 14), hätte Mitbieter Global Sports damit strenggenommen das Recht für die Austragung des Kampfes erhalten müssen, denn dort heißt es:
„If a winning promoter fails to meet any of the requirements to promote the bout in accordance with these rules, the right to promote the bout will be revoked and may be granted to the promoter who made the second highest qualified bid. In the event the promoter originally winning the bid does not promote the bout according to the terms of the winning bid, the promoter’s deposit is forfeited. The Association shall retain ten percent (10%) of the deposit, and the remaining ninety percent (90%) shall be distributed as follows: a. Seventy-five percent (75%) to the Champion and twenty five percent (25%) to the Challenger; b. Fifty percent (50%) for each boxer in the case of a vacant title; and c. Fifty-five percent (55%) to the Champion in Recess and forty-five (45%) to the Interim Champion.“
Don King Promotions machte folglich die Coronavius-Pandemie für die Verschiebung verantwortlich und bekam dafür offenbar auch von der WBA grünes Licht, die damit ebenfalls im Vorteil war, da sie von der Sicherheit, die Don King hinterlegte (200.000 US-Dollar), nichts an Charr bezahlen musste.
Der erst jetzt bekanntgegebene und damit kurzfristig angesetzte Kampf sorgt zudem für Visa-Probleme beim 36-jährigen Charr, nicht zuletzt wegen der Coronavirus-Pandemie. Wenn man dann noch weiß, dass Don King keinen festen TV-Partner hat, könnte man durchaus 1 und 1 zusammenzählen…
Seminole Hard Rock Hotel kann Charr vs. Bryan nicht bestätigen
Die Krone setzt dem Ganzen nun jedoch der vermeintliche Austragungsort selbst auf – denn das Hotel weiß bisher nichts vom bevorstehenden Box-Event, auf welchem neben Charr vs. Bryan auch Beibut Shumenov sowie Bermane Stiverne boxen sollten. Das Seminole Hard Rock Hotel and Casino, in Hollywood, Florida, USA bestätigte dies BOXEN1 auf Anfrage via E-Mail: „Thanks for your E-mail. Nothing has been confirmed as of yet. If it does it will be a streaming event only with no audience “
Die Gefahr für Mahmoud Charr ist damit größer denn je, seinen WBA-WM-Titel aberkannt zu bekommen. Die Frist der WBA für eine Pflichtverteidigung läuft aus, Don King hat offenbar keinen Veranstaltungsort gebucht und spekuliert auf ein Einreiseverbot für Charr. Die damit nicht fristgerechte Verteidigung sowie Aberkennung des regulären WBA-Titels würden ihm damit in die Karten spielen.
Der Promoter mit der Starkstromfrisur, der bereits zahlreiche Weltmeister und weltbekannte Boxer (u.a. Muhammad Ali) vertrat, könnte dann auf einen WM-Kampf seines Schützlings Trevor Bryan, der dadurch zum regulären Weltmeister ernannt werden würde, gegen den Superchampion der WBA (derzeit Anthony Joshua) hoffen und viel Geld verdienen, ohne selbst groß investiert zu haben.
Update 11.01.2021: Am gestrigen Sonntag hat sich Mahmoud Charr beim Verfasser dieses Artikels persönlich via Telefon gemeldet, um auch seine Sicht zu schildern:
„Danke zunächst für euer Engagement! Don King treibt das Spiel mit mir schon seit zwei Jahren. Seit ‚Rumble in the Jungle 2‘ und dem gefälschten Dokument aus dem Kongo, versucht er mit mir einen Promotervertrag zu schließen, damit er in jedem Fall den WBA-Titel in seinen Reihen hätte, aber das habe ich mehrfach abgelehnt, denn ich habe einen Promoter. Ich habe immer alle Verträge zum Kampf fristgerecht unterschrieben und der WBA zur Verfügung gestellt. Ich halte mich an alle Regularien, mache alle notwendigen Untersuchungen. Seit drei Jahren trainiere ich, das alles kostet Geld und der angesetzte WM-Kampf wird immer wieder verschoben.“
„Don King hat immer Ausreden, warum die Verträge nicht da sind oder warum verschoben werden muss. Bis heute hat er die WBA-Verträge nicht unterschrieben und ich habe unter Protest vor drei Wochen sogar einen Vertrag, den mir Don King Promotions bzgl. des Kampfes gegen Trevor Bryan vorgelegt hat, unterschrieben, nachdem mein Anwalt einige Passagen hat streichen lassen. Diesen habe ich bis heute nicht zurück! Nun versuchen sie mein Visum zu verhindern. Ich hatte bis Ende 2018 ein gültiges Visum, dann hatte US-Präsident Donald Trump dafür gesorgt, dass Menschen mit muslimischem Background kein Visum mehr erhalten, außer es sind herausragende Persönlichkeiten oder Sportler. Ich war bereits mehrfach in den USA, auch zum Training – sei es in LA, Las Vegas oder Miami.“
„Ich bin topfit, bereite mich unter Sükrü Aksu akribisch auf den Kampf vor, aber ich denke Don King will ihn mit aller Macht verhindern, weil er genau weiß, dass Bryan verliert. Von unserer Seite her ist immer alles zu 100% erfolgt, sei es Vertragsunterzeichnungen, VADA-Tests, medizinische Tests und so weiter. Meine Frau ist in dieser Zeit mein stärkster Halt, ich danke ihr dafür von Herzen.“