In der SSE Arena in Wembley meldete sich Schwergewichts-Weltmeister Anthony Joshua mit einem Sieg zurück. Herausforderer Kubrat Pulev konnte ihm dabei durchaus Schwierigkeiten bereiten.
Licht und Schatten
Der britische Superstar Anthony Joshua (24-1-0, 22 KOs) hatte in jüngeren Vergangenheit einiges an Kritik einzustecken. Vor allem die Duelle mit Andy Ruiz, gegen den Joshua zunächst völlig überraschend seine erste Niederlage hinnehmen musste und im Rückkampf einen eher unspektakulären Punktsieg erboxte, riefen diese hervor. Corona-bedingt konnte er zudem seither – also rund ein Jahr – nicht mehr in den Ring steigen. Dies änderte sich am Samstagabend, als er es mit dem erfahrenen IBF-Pflichtherausforderer Kubrat Pulev (28-2-0, 14 KOs) zu tun bekam. Das Ziel war klar: Nicht nur gewinnen, sondern auch glänzen.
Bei seiner ersten WM-Chance vor sechs Jahren versuchte der Bulgare Pulev es über die aggressive Tour, als er den damaligen Schwergewichts-König Wladimir Klitschko von der ersten Sekunde an unter Druck setzte. Hier gingen sowohl er als auch Joshua deutlich bedachter vor. In den ersten zwei Runden war es vor allem ein Duell der Führhände, welches der Titelverteidiger zu gewinnen schien. Zudem versuchte dieser auch ein paar schnelle Haken um die massive Deckung Pulevs herum ins Ziel zu bringen.
Letzterer muss wohl gemerkt haben, dass er so auf Dauer keine Chance haben würde und kam druckvoller in den nächsten Durchgang. In der Nahdistanz wollte er es für seinen Gegenüber möglichst unangenehm gestalten. Damit öffnete er sich aber auch für Gegenangriffe und fing sich einige Seit- und Aufwärtshaken ein, die mächtig Wirkung hinterließen. Pulev taumelte durch das Seilgeviert und drehte sich einmal gar ab, was manch ein Ringrichter auch als Aufgabe gewertet hätte.
Pulev am Boden, aber weiter beherzt
Pulev wurde allerdings lediglich angezählt und blieb so im Kampf. Kurz darauf wartete aber ein weiteres Trommelfeuer auf ihn, das in einem erneuten Niederschlag resultierte. Der 39-Jährige rettete sich letztlich irgendwie noch in die Ringpause. Joshua wirkte nun animiert und wollte unbedingt den Knockout erzielen. Dabei verlor er allerdings etwas seine Linie, vernachlässigte den zuvor so starken Jab und konnte auch so seine Schlaghände nicht perfekt vorbereiten. Das gab seinem Kontrahenten die Möglichkeit sich zu regenerieren.
So kam es also nun zur stärksten Phase Pulevs, der seinen eigenen Jab gut zur Geltung brachte und Joshuas KO-Wut nutzte, um sich in den Clinch zu wühlen. Dort arbeitete der Schützling von Ulli Wegner nicht nur mit legalen Mitteln, er bearbeitete auch den Hinterkopf des Briten. Pulev war jetzt besser drin, die rechte Schlaghand fand hier und da ihr Ziel, auch wenn der Weltmeister standhaft blieb.
Joshua macht ernst
Nach eindringlichen Worten seines Trainers Robert McCracken, ging Joshua wieder zu Plan A zurück. Die Führhand schoss nun mit höherer Frequenz nach vorne – und die auch zum Körper. Nun konnte er sich seinen allmählich schwächer werdenden Gegner genau zurechtlegen. Was folgte, waren ganz schwere Geschütze. Zunächst fing er Pulev mit einem imposanten Uppercut ab, der das Ende dieses Kampfes einläutete. Gleich mehrere dieser Aufwärtshaken kamen hinter, ehe es zu einem weiteren Niederschlag kam.
Mit unglaublichem Siegeswillen ausgestattet, rappelte sich Pulev erneut nach oben, doch jetzt gab es kein Entkommen mehr. Rund fünfzehn Sekunden vor Ende der neunten Runde platzierte Joshua eine pfeilschnelle und äußerst harte rechte Gerade durch die Deckung des Ost-Europäers und sorgte so für einen spektakulären Knockout. Die rund 1000 Zuschauer in der SSE Arena in Wembley zeigten sich begeistert. Zum Glück stand Pulev kurz darauf wieder und konnte aus eigener Kraft die Halle verlassen.
Jetzt gegen Fury?
Klar ist, dass sich die ganze Boxwelt nach einem großen Aufeinandertreffen mit WBC-Weltmeister Tyson Fury sehnt. Ob es dazu jedoch schon bald kommt, ist weiter unklar. Derzeit muss geklärt werden, ob Fury nicht einen dritten Kampf gegen den US-Amerikaner Deontay Wilder bestreiten muss, während Joshua eventuell vor einem Duell mit WBO-Pflichtherausforderer Oleksandr Usyk steht.