BOXEN1-Interview mit Mittelgewichtler Fredi Knorpp

Fredi Knorpp hat am 4. März einstimmig gegen Milos Janjanin in Tübingen gewonnen. Genau einen Monat davor gab es einen TKO-Sieg gegen Sebastian Horvath. Es ist schnell klar: Fredi ist topfit und hochmotiviert. Boxen1 hat ihn in seiner Heimatstadt Giengen an der Brenz, zusammen mit seinen beiden Trainern, interviewt.

Fredi, vor vier Wochen hast du gegen Milos Janjanin in Tübingen gewonnen, genau einen Monat davor durch TKO gegen Sebastian Horvath. Wie fühlt sich das Jahr 2023 bisher an

Fredi: Es fühlt sich auf jeden Fall sehr gut an! Solche Zeiten sind natürlich schwierig: Boxen und Arbeit und Privates unter einen Hut zu bekommen, aber das Boxen ist meine Leidenschaft; das mache ich gern.

Wie lief die Vorbereitung auf die beiden Kämpfe ab? Viel Zeit lag ja nicht zwischen den Kämpfen…

Fredi: Auf den Kampf mit Sebastian Horvath war ich sehr gut vorbereitet und dieser Kampf ging ja nur 40 Sekunden (TKO). Daher konnte ich unverbraucht mit dem Training weitermachen. Eigentlich war ich dadurch sehr gut vorbereitet. Allerdings war ich vor dem Kampf gegen Milos drei Tage mit Grippe krank im Bett. Mein Arzt meinte, dass ich kämpfen kann und ich war heiß auf den Kampf! Meine Vorbereitung beinhaltet sehr viel Sparring und ich habe einen guten Ernährungsplan. Alkohol und Rauchen spielen keine Rolle in meinem Leben; ebenso gehe ich wenig feiern und schlafe früh. Aktuell trainiere ich eigentlich jeden Tag: neben dem eigentlichen Boxtraining mache ich viele Intervallläufe und gehe ins Fitnessstudio.

Vor dem Kampf in Tübingen gegen Milos Janjanin gab es durch den Ringarzt eine Pulsmessung. Laut dieser Messung warst du unmittelbar vor dem Kampf in einem entspannten Zustand ohne Aufregung. Wie sieht bei dir die Stunde vor dem Kampf aus?

Fredi: Ich sehe das Boxen als fairen Sport mit Regeln. Durch meine Vorbereitung fühle ich mich zudem sehr sicher. Im Vorfeld studiere ich meinen Gegner soweit mir dies möglich ist. Dadurch fühle ich mich mental stark, was meiner Meinung nach sogar wichtiger ist als die körperliche Vorbereitung. Unmittelbar vor dem Kampf ruhe ich mich aus und höre meist Musik. Bei dem Kampf gegen Janjanin stieg die Aufregung nach der ersten Runde, da sich meine Bandage löste und wir nicht gleich ein Tape gefunden hatten. Ich brauche die Pause zwischen den Runden um Ruhe zum Atmen zu bekommen. Theoretische hatte ich dadurch keine Pause was für mich ein bisschen stressig war.

Im Kampf gegen Milos Janjanin sahen wir bei dir hohe Schlagfrequenz und viel Beweglichkeit. Gleichzeitig aber auch Phasen in denen Janjanin dich in die Seile drängte und dort gebunden hat. Was sind die Lehren aus dem Kampf?

Fredi: Eigentlich wollte ich sechs Runden kämpfen, aber wir haben uns dann auf vier geeinigt. Milos war gut aufgestellt, er hat sehr viel einstecken können. Ich lies mich bewusst in die Seile drängen, da ich dort Milos Schlägen gut nach hinten ausweichen konnte und anschließend direkt meine Haken platzieren konnte. Die Taktik mit den Seilen kann auch von Nachteil sein, wenn die Schläge des Gegners treffen. Milos hat nicht damit gerechnet und mich aufgrund seiner vielen Kämpfe wahrscheinlich nicht ernst genommen und nicht gedacht, dass ich vier Runden voll durchziehe.

Friedrich Dick (Co-Trainer): Fredi hat auf meine Anweisungen gehört und das ist immer gut. Ich habe Fredi gesagt, dass Janjanin in der vierten Runde alles auf einen Ko-Sieg setzen wird. Fredi hat in der letzten Runde klar weitergearbeitet. Das war sehr gut!

Dein Bruder Willi ist ebenfalls beim TSG Giengen. Wie begegnet ihr euch im Boxsport?

Fredi: Wir machen sehr oft Sparring miteinander aber Boxen werden wir nie gegeneinander. Vor dem Boxen, als wir noch in Brasilien lebten, haben wir uns gar nicht verstanden. Das Boxen hat uns zusammengebracht und wir sind nicht nur Brüder sondern Freunde.

Dass dein Bruder boxt, gibt dir sicher auch ordentlich Motivation. Was motiviert dich darüber hinaus beim Boxen?

Fredi: Für mich ist Boxen Leidenschaft. Ich würde, selbst wenn ich kein Geld bekommen würde, boxen wollen. Ich liebe es einfach: die Vorbereitung, das Einlaufen, … ich brauch das einfach.

Vitali Ulrich (Trainer): Es ist die Sucht. Irgendwann kommt der Punkt, dass dein Körper und Geist das braucht und das ist bei Fredi der Fall.

Du gehst neben dem Boxsport einer regulären Vollzeitbeschäftigung nach. Wie gelingt dir der, vor allem zeitliche, Spagat?

Ich habe das Glück, dass mein Arbeitgeber mich unterstützt und mir entgegenkommt. Wenn ich selbst kurzfristig frei nehmen muss, versucht mein Chef dies möglich zu machen. Dafür bin ich dankbar. Da ich wenig feiere, früh schlafen gehe und mir mein Training Spaß macht, ist das Boxen für mich eher Ausgleich als Belastung.

Vitali Ulrich (Trainer): Wir müssen ihn manchmal sogar bremsen!

Du boxt seit 2014. Ab wann fand für dich der Wechsel von sportlicher Freizeit zur Passion statt?

In meinem Heimatland Brasilien habe ich Capoeira gemacht. Als ich dann 2009 nach Deutschland gekommen bin, habe ich mich mit Kickboxen beschäftigt, allerdings war der dortige Trainer eher auf Fitness aus und ich wollte kämpfen. Dass Boxen für mich mehr als nur Freizeit ist, war für mich von Anfang an klar.

An die Trainer: was sind die Stärken von Fredi?

Vitali Ulrich (Trainer): Fredi ist extrem zielstrebig und ein Arbeitstier. Wir hatten schon viele Talente, aber die meisten ziehen es nicht durch und sehen es zu locker. Er hingegen nimmt das Boxen ernst und hat dadurch großes Potential.

An was arbeitet ihr?

Vitali Ulrich: Ganz am Anfang haben wir ihm gesagt, dass wir ihn im Training begleiten und wenn er dranbleibt, er irgendwann in der Bundesliga und bei der Deutschen Meisterschaft boxt und dann auch Profikämpfe machen kann. Wir haben von Beginn an gesagt, dass das alles viel abverlangen wird. Ich selbst wurde einmal von Manfred Wolke gefragt was ich werden will. Ich habe ihm gesagt: „Ja…“. Er hat dann gesagt: „Nicht ja! Du musst ein Weltmeister werden wollen. Sonst brauchst du gar nicht anfangen.“ Das vermitteln wir im Training.

Wann und gegen wen sehen wir dich das nächste Mal im Ring?

Fredi: Im Juni soll der nächste Kampf folgen, allerdings ist noch nicht klar gegen wen. Im November haben wir in Heidenheim wieder eine Box-Gala und dort werde ich natürlich auch kämpfen. Gegen wen steht noch nicht fest.

Wenn du wählen könntest, gegen wen würdest du gerne boxen?

Fredi: Ganz klar: Felix Sturm oder Marcos Nader

Fredi, vielen Dank für das Interview und dir weiterhin viel Erfolg – ich hoffe, wir sehen uns bald wieder!

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