Dieser Boxkampf riecht nach Absprache – Die Peinlichkeit des Boxens
5.500 Zuschauer sahen gestern Abend in der Hamburger Barclay Arena bis kurz nach 23:00 Uhr einen tollen Boxabend. Besonders der Kampf des Hamburger Lokal-Matadors Sebastian Formella gegen den ebenfalls in Hamburg lebenden Denis Krieger, bei dem es um den Intercontinentalen Titel der IBO im Halbmittelgewicht ging, begeisterte die Zuschauer. Formella, den alle nur „Hafen-Basti“ nennen, gewann trotz eines Niederschlages in der Mitte des Kampfes am Ende doch klar und einstimmig mit 98:92, 97:92, 97:92 nach Punkten.
Der boxerische Höhepunkt des Abends war allerdings die IBO Weltmeisterschaft im Halbschwergewicht. Hier standen sich mit dem Russen Igor Mikhalkin und der Südafrikaner Thomas Oosthuizen zwei Weltklasse-Boxer gegenüber. Der bei Veranstalter Erol Ceylan unter Vertrag stehende 31jährige Mikhalkin lieferte dabei den Kampf seines Lebens und gewann mit einem nie gefährdeten Punktsieg den erste Weltmeister-Titel für den Hamburger ECB Boxstall. Ein Boxkampf auf höchstem Niveau.
Diese Inszenierung ist der Sargnagel des Boxsports in Deutschland
Was aber dann kam, war das Peinlichste was ich in meinem langen Leben mit dem Boxsport gesehen habe – eine wohl inszenierte Boxposse der besonderen Art. In einem Kampf um den Interconti-Titel der IBO und den Europameister-Titel der WBO standen sich der 28jährige Wahl-Hamburger Mario Daser und der einstige Weltklasse-Boxer und frühere IBO-Weltmeister Ola Afolabi gegenüber. Eine Begegnung die schon im Vorfeld für Diskussionen sorgte. Daser, der in seiner bisherigen Laufbahn fast ausschließlich in Bierzelten gegen drittklassige Gegner geboxt hatte (so hatten seine ersten sechs Gegner allesamt noch niemals in ihrem Leben auch nur einen Kampf gewonnen) sucht sich auf einmal selbst einen Ex-Weltmeister und Weltklasse-Boxer als Gegner aus. Einen Boxer der dreimal gegen unseren deutschen Ex-Weltmeister Marco Huck in einem WM-Kampf im Ring stand und sich dabei denkwürdige Schlachten lieferte, ein Boxer der noch vor genau 18 Monaten durch einen spektakulären KO Sieg über den früheren Amateur-Weltmeister und Weltklasse-Boxer Rakhim Chakhkiev sich den WM-Titel holte; dieser Boxer sollte der nächste Gegner von Mario Daser werden. Hier sprach selbst die seriöse Frankfurter Allgemeine Zeitung schon im Vorfeld von einem „gekauften Kampf“.
Doch was sich dann im Boxring der Hamburger Barclaycard Arena abspielte war billiges Schmieren-Theater auf niedrigstem Niveau. Afolabi begann auf schnellen Füßen und mit lockeren Händen mit Daser zu spielen, aber es fiel sofort auf, dass Afolabi seine Schläge nicht durchzog und dass Afolabis Boxen mehr Schattenboxen war als dass dies nach ernsthaftem Bemühen aussah einen Kampf gewinnen zu wollen. Daser dagegen legte los und prügelte auf den Ex-Weltmeister in einer Art ein die nur wenig mit Boxen zu tun hatte.
Schon in der 2. Runde ging Afolabi auf einmal zu Boden und ließ sich anzählen. Das TV-Video zeigt dann, nicht etwa das schmerzverzehrte Gesicht von Afolabi, denn ein richtiger Leberhaken hinterlässt auch starke Schmerzen, aber Afolabi schien nur zu seiner Ecke zu schauen und zu signalisieren: „Jetzt noch nicht das Handtuch werfen.“ Daser prügelte weiter völlig unkontrolliert auf Afolabi ein und der Kampf ging in die 3. Runde. In dieser Runde merkte man immer deutlicher, dass Afolabi die Sache gar nicht ernst nahm und vor allem auch zu keinem Zeitpunkt ernstlich versuchte diesen Kampf gewinnen zu wollen. Das Ganze sah aus wie ein inszeniertes Schmierentheater, erst recht als Afolabi dann ein zweites Mal, nach einem Wischer auf dessen seitliche obere Körperpartie, in die Knie ging um Zeit zu nehmen. In diesem Moment sprang Afolabis Sekundant durch die Ringseile und wedelte mit dem Handtuch in der Hand als Zeichen der Aufgabe. Dem Ringrichter blieb nichts anderes übrig als den Kampf abzubrechen. Eine Farce – mehr nicht!
Es war im Vorfeld schon sehr verwunderlich, dass man auf diesen Kampf bei den Buchmachern nicht wetten konnte. Die Wettbüros hatten diese Begegnung gar nicht in ihrem Wettangebot aufgenommen. Da hatte man wohl den Braten schon gerochen.
Mit versteinerter Mine schnallte dann BDB Präsident und WBO Delegierter dieses Kampfes dem „Sieger“ den Champions-Gürtel um und man sah ihm richtig an, dass ihm diese Zeremonie mehr als peinlich war. Beim Interview noch im Ring mit dem „Gewinner“ Mario Daser merkte man, dass dieser Handtuchwurf des Afolabi-Trainers keine Sekunde zu früh kam, aber nicht weil Afolabis Gesundheit so gefährdet war sondern weil Daser sonst wohl kollabiert wäre, denn dieser hatte beim Interview kaum noch Luft und war kurz vor dem Hyperventilieren. Dieser letzte Kampf hat die bis dahin sportlich hochklassige Boxveranstaltung kaputt gemacht. Interessant war auch, dass Veranstalter Erol Ceylan, der noch zuvor bei den Siegern seiner Schützlinge Formella und Mikhalkin strahlend zum Siegerfoto bereit stand, nach diesem peinlichen Kampfverlauf erst gar nicht mehr den Ring betreten hat. Allerdings ist Erol Ceylan ein Ehrenmann, dem dieses Schmieren-Theater nicht zuzurechnen ist. Gespannt sein dürfte die Boxwelt nun auf die Reaktion der Boxverbände IBO und WBO dessen Titel Mario Daser ja nun inne hat.
Mario Daser vs. Ola Afolabi: Das Kampf-Video