Bivol hat es bewiesen: „Canelo ist auch nur ein Mensch“! – Eine Nachbetrachtung von Ebby Thust

Canelo Alvarez im Kampf gegen Dmitry Bivol.

Platzt jetzt endlich die Blase von Saul ‚Canelo‘ Alvarez?

Am letzten Samstag standen sich in der T-Mobile Arena in Las Vegas, der unbestritten Weltmeister der WBC, IBF, WBO und WBA Super-Champion, Canelo Alvarez und der in 20 Kämpfen unbesiegte WBA Super-Champion Dmitry Bivol, im Kampf um den WBA-Super-Champion-Titel gegenüber.

Wie Boxen1 bereits aktuell berichtete gewann Dmitry Bivol diesen Kampf durch einstimmige Punktentscheidung und verteidigte damit seinen WBA Super-Champion-Titel erfolgreich. Für Canelo Alvarez war es dagegen die zweite Niederlage seiner Karriere. Canelos erste Niederlage resultiert aus seinem Kampf gegen Floyd Mayweather jr vom 14. September 2013. Was heißt, dass Canelo in Folge, bis zum letzten Samstag, über achteinhalb Jahre ungeschlagen war.

Saul ‚Canelo‘ Alvarez gegen Weltmeister Dmitry Bivol: Kampfszene.

Ich selbst hielt Canelo, gewichtsüberschneidend, bisher für einen der besten Boxer der Welt und mit mir taten das auch fast alle Boxexperten, was auch seinen pound4pound Nr. 1 Platz begründete. Doch seit dem letzten Samstag hat meine Bewunderung für Canelo Alvarez empfindlich gelitten; nicht weil er in einer für ihn fremden Gewichtsklasse nun einen Kampf verloren hat, sondern deswegen weil er als die große Lichtgestalt des Boxens, nicht mit erhobenem Kopf und Anstand verlieren kann. Vielleicht erinnert ihr euch noch, wie Canelo nach dem letzten Gong, der diesen fantastischen Kampf beendete, gleich auf die Seile sprang um sich mit erhobenen Händen von der Menge seiner unzähligen mexikanischen Fans feiern zu lassen. Ich selbst fand diese Reaktion nach dem Kampf schon nicht fair, denn er nahm damit dem Sieger dieses Kampfes Dmitry Bivol die Strahlkraft seines Sieges.

„Ich entschuldige mich nicht dafür, aber ich hatte das Gefühl, dass ich den Kampf gewonnen habe“, sagte Canelo bei der Pressekonferenz und es klang wie ein Boxer, der seine Niederlage zu 100 % leugnet.

Es hätte Canelo besser gestanden, wenn er nach dem Kampf zu seinem Gegner gegangen wäre um diesem zu seinem Sieg zu gratulieren. Nein, er sprang mit erhobenen Händen auf die Ringseile um der mexikanischen Menge zu signalisieren, dass er es war der den Kampf gewonnen hat. Aber es kam später noch beschämender, als er bei der Pressekonferenz wirklich öffentlich seine Meinung äußerte, dass er nur vier, aber höchstens fünf Runden verloren hätte und dass er damit der Sieger dieses Kampfes wäre. Canelo erzälte das auch später in unzähligen Interviews immer wieder und suggerierte, dass er von den Punktrichtern betrogen wurde.

WBA-WM im Halbschwergewicht: Der Champion Dmitry Bivol ließ dem Herausforderer Canelo Alvarez kaum eine Chance und verteidigte seinen WBA Super-Champion-Titel erfolgreich.

Ich glaube, dass keiner der vielen Zuschauer – ob in der Halle oder an den TV-Bildschirmen – die diesen Kampf am letzten Samstag in oder aus Las Vegas gesehen haben, der Ansicht waren, dass Canelo betrogen wurde und er es war der diesen Kampf gewonnen hat. Diese Zuschauer waren vielmehr erschrocken und unverständlich ob der Wertung der drei Punktrichter dieses Kampfes, die alle drei den Kampf mit 115:113 für Dmitry Bivol gewertet haben. Diese Punktwertung war ein wahrer Skandal, wenn man auf die inzwischen veröffentlichten Punktzettel der Punktrichter schaut, dann stellt man fest, dass alle drei Punktrichter die ersten vier Runden an Canelo gegeben haben. Einfach ein Witz.

So hat die weltweit größte und anerkannteste Boxing-Internetplattform Boxingscene.com die 12 Runden dieses Kampfes gewertet und diese Wertung ist mit der meinen absolut identisch: Scorecard Boxingscene.

Ich, der ich inzwischen über 55 Jahre mit dem Boxsport verbunden bin, bilde mir ein nach dieser Zeit doch ein bisschen Ahnung vom Punkten eines Kampfes zu haben. So habe ich nach den ersten 4 Runden, konträr zu den offiziellen Punktrichtern, nur die 3. Runde für Canelo gesehen und bei mir lag Bivol nach 4 Runden mit 39:37 vorne. Alleine bei den ersten 4 Runden, haben die eigentlich objektivsten Personen am Ring, Bivol schon um drei Runden betrogen. Nach meiner Wertung hat Canelo im gesamten Kampf nur zwei Runden gewonnen und das war die dritte und die neunte Runde und nach meiner Wertung hat Dmitry Bivol den Kampf mit 118:110 ganz klar gewonnen und hier lag ich absolut konform mit der Wertung von Boxingscene.com, die ich dann erst später gesehen habe und die oben nachzulesen ist.

Canelo Alvarez chancenlos gegen Dmitry Bivol.

Wenn man sieht wie die offiziellen ‚unabhängigen‘ Punktrichter den Kampf, alle drei mit 115.113 für Bivol, gewertet haben, dann sieht man, dass sich diese drei Punktrichter bis zur letzten Runde die Möglichkeit offen gelassen haben, den Kampf noch unentschieden oder sogar Canelo als Gewinner zu werten. Hätten nur zwei der Punktrichter nur die letzte Runde noch an Canelo gegeben, dann wäre der Kampf Unentschieden geendet, oder hätte Canelo in der letzten Runde noch einen Niederschlag herbeigeführt, dann hätte Canelo auf allen drei Punktrichter-Zetteln, den Kampf sogar noch einstimmig gewonnen. Diese Wertung der Punktrichter finde ich einfach unverschämt und da müssten aus meiner Sicht alle drei für ein Jahr gesperrt werden. Denn wäre das passiert, dass Canelo die letzte Runde noch gewonnen hätte, dann wäre das ein erheblicher Schaden für das weltweiten Boxen gewesen.

Das ist die offizielle Scorecard der drei Punktrichter. Hier sieht man, dass alle drei Punktrichter, völlig konträr, Canelo die Runden 1,2 und 4 zugesprochen haben. Aber diese Runden hatte alle Bivol gewonnen und selbst wenn eine dieser Runden knapp gewesen wäre, muss diese Runde dem Weltmeister und Titelverteidiger zugesprochen werden.

Wenn man sich nun zurück erinnert, sind den meisten Boxfans wohl am aktuellsten noch die beiden Kämpfe Canelos gegen Gennady Golovkin im Sinn; aus meiner Sicht hat Golovkin beide Kämpfe gegen Canelo gewonnen und Canelo hat hier das Unentschieden und beim zweiten Mal den Sieg, nur durch die Canelo-Fan-Punktrichter Dave Moretti und Steve Weisfeld, zugesprochen bekommen, denn diese beiden Ringrichter waren schon damals als Ringrichter eingeteilt und am letzten Samstag wieder. Man muss sich doch fragen: „Ist das nicht seltsam?“ Und wer erinnert sich noch an die Ringrichterin aus dem ersten Canelo vs Golovkin Kampf, Adelaide Byrd, die völlig abgehoben damals Canelo mit 118:110 als Sieger gepunktet hatte. Bei dieser Einteilung der Punktrichter von der Nevada Boxing Commission muss man erst gar nicht fragen, warum Canelo seine Kämpfe immer in Las Vegas macht. Und inzwischen bin ich mir auch sicher, dass es alleine Canelo selbst ist, der die Punktrichter seines Kampfes bestimmt, sonst wären es nicht immer die selben. Und die Nevada Boxing Commission scheint Canelo hörig zu sein, weil er es eben ist, der das große Geld in die Kassen des Verbandes spült. Die ‚Blase Canelo Alvarez‘ eben.

Übrigen sahen viele der Experten auch im Kampf Canelo vs Erislandy Lara, Lara als den Sieger des Kampfes …… und wieder war Dave Moretti auch bei diesem Kampf als Punktrichter von der Nevada Boxing Commission eingeteilt. Für diejenigen Boxfans, die sich nicht erinnern können, dies ist derselbe Ort Las Vegas, an dem Canelo zweimal in kontroversen Kämpfen gegen Gennadiy Golovkin gekämpft hat. Egal welcher Boxer in der Vergangenheit und wohl auch in der Zukunft, in Las Vegas gegen Canelo in den Ring steigt, der sollte wissen, dass er nicht nur Canelo als Gegner hat sondern auch die Ringrichter der Nevada Boxing Commission.

Der Weltmeister Dmitry Bivol bestimmte den Kampf und ließ Canelo keine Chance.

Aber das ist nicht alles was ich als die „große Blase Saul Canelo Alvarez‘ bezeichne. Es sind noch ganz andere Dinge die für die boxende Geldmaschine Canelo in Las Vegas nicht gilt. So zum Beispiel steht es in den Statuten aller vier großen Welt-Boxverbänden, dass bei einem Kampf um die Weltmeisterschaft, der amtierende Weltmeister und Titelverteidiger immer zuerst genannt wird. Der Kampf hätte ergo Bivol vs Canelo heißen müssen. Nicht so bei Canelo, für ihn scheinen in Las Vegas Sonderrechte zu bestehen. So hieß der Kampf eben Canelo vs. Bivol. Desweiteren ist in den Statuten der Welt-Boxverbände festgelegt, dass beim offiziellen Wiegen, zuerst der Herausforderer (in diesem Fall Canelo Alvarez) gewogen wird und danach der Titelverteidiger. Nicht so wenn Canelo Alvarez boxt. Beim offiziellen Wiegen am letzten Freitag wurde zuerst der Titelverteidiger Bivol gewogen und der Herausforderer Canelo durfte zuletzt auf die Waage. So ist auch in den Statuten der Welt-Boxverbände festgelegt, dass der Herausforderer (in diesem Falle Canelo) als erster den Ringwalk zu machen hat und der Weltmeister und Titelverteidiger als Letzter in den Ring kommt. Nicht so bei Canelo in Las Vegas. Am letzten Samstag musste der Weltmeister und Titelverteidiger Dmitry Bivol als erster Boxer zum Ring einmarschieren und der Herausforderer Canelo durfte als Letzter seinen Ringwalk machen. Das sind vielleicht alles Kleinigkeiten, die einem weniger fachmännisch versierten Zuschauer gar nicht auffallen, aber es sind Dinge, die wohl alleine in Las Vegas Canelo bestimmt und nicht die Statuten der Boxverbände.

Dmitry Bivol trieb den Herausforderer Canelo Alvarez regelrecht durch den Ring.

Ich halt nach wie vor Canelo Alvarez auch weiterhin für einen Ausnahmeboxer, aber er hat inzwischen solch einen Status und die Veranstalter und vor allem die Boxverbände verdienen inzwischen so viel Geld durch ihn, dass er eben alles selbst bestimmen kann. Auch mit der Börse von Canelo, der für diesen Kampf als Herausforderer etwa 50 Millionen Dollar als Kampfbörse bekommen hat und Bivol als Weltmeister und Titelverteidiger sicher nicht einmal 10% dieser Summe als Börse vereinnahmt hat. Und sollte es zu einem Rückkampf kommen, dann wird die Aufteilung der Börsen sicher wieder die Gleichen sein.

Auch mit der vertraglich zugesichertem Rückkampf-Klausel ist es nicht nachvollziehbar verwirrend. Es ist normal, dass sich der Titelverteidiger (in diesem Falle Dmitry Bivol), im Falle einer Niederlage und des Verlustes seines Titels, ein Rückkampfrecht in den Vertrag schreiben lässt. Ja normal, bei Canelo ist das eben nicht normal. Wenn Canelo gewonnen und Bivol den Titel abgenommen hätte, dann hätte Bivol ein Anrecht für einen Rückkampf gehabt, aber hier beim Kampf am Samstag, hat sich der Herausforderer Canelo ein einseitiges Rückkampfrecht, im Falle einer Niederlage, in den Vertrag geschrieben. Wer hat denn schon jemals davon gehört, dass einem Herausforderer im Falle einer Niederlage, vertraglich ein Rückkampfrecht eingeräumt wird. Aber das ist eben die Blase Saul Canelo Alvarez und ich frage mich jetzt, ob diese Blase nun endlich geplatzt ist.

Die Aussage Canelos, dass er demnächst auch noch gegen Oleksandr Usyk, um den WM-Titel im Schwergewicht boxen möchte, fand ich dann doch schon damals etwas abgehoben.

Canelo war durch seine großen Erfolge und natürlich auch wegen dem vielen Geld, dass er den Weltverbänden in die Kassen bringt, schon regelrecht zu einem Außerirdischen geworden. Vielleicht war die Niederlage gegen Dmitry Bivol gar nicht so schlecht fürs internationale Boxen. Zumindest hat Bivol aufgezeigt, dass Canelo Alvarez auch nur ein ganz normaler Mensch ist, ein Boxer der gewinnen aber auch Mal verlieren kann. Und es bleibt zu hoffen, dass auch er wieder auf den Boden zurück kommt und nicht glaubt, dass er unschlagbar oder gar der Messias des Boxens ist, denn seine Aussage – die er noch vor dem Kampf gegen Bivol gemacht hat – dass er demnächst auch dann noch gegen Oleksandr Usyk um dessen Schwergewichts-Titel boxen wolle, war mir schon damals etwas zu abgehoben.

Canelo Alvarez vs. Dmitry Bivol – Highlights vom Kampf

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4 Kommentare

  1. Moin,
    Ein super Artikel von Euch, dem ich genau so zustimme!
    Canelo ist ein Ausnahmeboxer, aber alles was um ihn herum geschieht, geht unter keine Kuhhaut mehr.
    Ich liebe Boxen, aber diese Ringrichterentscheidungen nehmen mir jeden Spaß. Vor und während des Kampfes dachte ich mir schon, dass ein Sieg Bivols nach Punkten kaum möglich wäre, egal, wie gut seine Leistung sein wird. Und ja, beinahe hätte ich Recht behalten.

  2. Klasse fight von Bivol. Er hat Canelo seine Grenzen aufgezeigt. Menschlich sah man den wahren Canelo direkt nach dem Fight und auch während bei der anschließenden Pressekonferenz. Seine Social Media Posts sind nicht zu ertragen, schon immer. Mit diesen Fight ist ein neuer Star geboren, Bivol! Hier passt alles, danke 🙏

  3. Es war ein super Kampf und ich dachte mir schon zuvor: wenn einer Canelo schlagen kann, dann gehört Bivol zu diesem Personenkreis. Trotzdem war ich erstaunt, wie wenig spritzig und kreativ Canelo geboxt hat. Für mich war im
    Nachhinein nicht klar: hat Canelo einen extrem schlechten Tag gehabt oder ist er tatsächlich so schlecht mit Bivol zurecht gekommen? Vielleicht war es eine Mischung aus beiden …. zurück zum Artikel: Leider war es im Boxen noch nie anders! Punktrichter/Schiedsrichter die sich kaufen lassen oder aus bestimmten Gründen eine Partei bevorzugen, wird es wohl immer geben!

  4. Canelo ist chancenlos gegen Uzyk. Er sollte diesen kampf nicht machen. Uzyk und Bivol haben einen ähnlichen Boxstil, wobei uzyk noch größer ist. Uzyk würde ihn komplett ausboxen und dann schlafen legen. Ist so.

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