
Der Hannoveraner Besir Ay steht vor dem größten Kampf seiner Karriere. Gelingt ihm der große Auswärtserfolg in Sydney?
Es sind aufregende Tage für den Hannoveraner Besir Ay (19-1). Das deutsche Mittelgewicht blickt auf eine lange und erfolgreiche Amateurkarriere zurück und konnte sich auch im Profibereich die Deutsche Meisterschaft (BDB) sichern. Zuletzt gewann er zudem einen IBO-Titel. Doch im Vergleich zu seiner kommenden Aufgabe waren die bisherigen Herausforderungen eher überschaubar.
In einem großen PPV-Event wird Besir Ay das Co-Mainevent im Hordern Pavilion in Sydney, Australien, bestreiten. Das Event wird von No Limit Boxing ausgerichtet und ist ein echtes Highlight im australischen Boxsport. Die PPV-Veranstaltung kostet stolze 70 australische Dollar (umgerechnet über 40 €) und wird auf Fox übertragen. Stars der Boxszene, wie der ehemalige Weltmeister Keith Thurman, werden in den Ring steigen – und mittendrin Besir Ay.
Besir Ay sucht die sportliche Herausforderung
Quelle Instagram: besir.d.ay
Durch seine lange Amateurkarriere, gepaart mit der später einsetzenden Pandemie, blieb Besir Ay nicht mehr viel Zeit. Mit seinen aktuell 35 Jahren gehört er im Mittelgewicht bereits zu den erfahreneren Athleten – ein Alter, in dem große Durchbrüche im Mittelgewicht eher selten sind. Vermutlich bietet sich ihm am Mittwoch die realistisch einzige Chance, im Profibereich noch international richtig durchzustarten.
In seinen letzten Kämpfen konnte Ay bereits verschiedene Titel gewinnen und stellte sich dabei ambitionierten Gegnern wie Armend Hasani (8-2). Das ist in Deutschland nicht selbstverständlich. Viele Boxer wählen den leichteren Weg, bestreiten wenig fordernde Titelkämpfe und konzentrieren sich auf eine optisch starke Kampfstatistik, ohne sich sportlich weiterzuentwickeln. Ay hingegen sucht aktiv die Herausforderung – und wird sich dieser auch am kommenden Mittwoch stellen.
Er trifft auf den ehemaligen WM-Herausforderer Michael Zerafa (32-5). Auf Nachfrage von Boxen1 äußerte er sich zur bevorstehenden Chance:
„Das ist meine Möglichkeit, einen großen Schritt nach oben zu machen und mich für noch größere Kämpfe zu empfehlen. Alles oder nichts. Ich habe sofort zugesagt, als ich hörte, wo ich boxen soll und gegen wen.“
Michael Zerafa boxte vor einem Jahr um die WBA-Weltmeisterschaft in Las Vegas
Der selbsternannte „Pretty Boy“ Michael Zerafa hat sich in der Vergangenheit bereits mehrfach als starker Boxer präsentiert und kann auf eine beachtliche internationale Bilanz zurückblicken. 2018 forderte er im WBA-Final Eliminator den ehemaligen Weltmeister Kell Brook (40-3) heraus, musste sich jedoch nach Punkten geschlagen geben. Später stoppte er seinen Landsmann und Ex-Weltmeister Jeff Horn (20-3-1) sowie den schlagstarken Issac Hardman (15-3) bereits in der zweiten Runde.
Im März 2024 erhielt Zerafa schließlich die große Chance auf die WBA-Weltmeisterschaft in Las Vegas gegen Erislandy Lara (31-3-3). Doch in diesem Kampf erlebte er eine herbe Enttäuschung und wurde bereits in der zweiten Runde gestoppt – ein unerwartet schnelles Ende, das viele überraschte. Zwar hat Lara seit seinem Wechsel ins Mittelgewicht mehrere vorzeitige Siege eingefahren, doch der Kubaner galt lange als reiner Techniker, dem es an hohe Schlagkraft mangelt. Zerafa blieb damit weit hinter den Erwartungen zurück, und sein Traum vom WM-Titel rückte in weite Ferne. Mit einem Sieg über Besir Ay könnte er jedoch den WBO InterContinental-Titel gewinnen und sich erneut für große Kämpfe empfehlen.
Zerafa geht als Favorit ins Heimspiel
Die Motivation wird Ay mit Sicherheit nicht fehlen, doch die Aufgabe ist enorm. Die Buchmacher sehen Zerafa klar vorn und bewerten den Kampf mit einer Quote von 1,13 zu 6,5 – auch der Heimvorteil spielt dabei eine Rolle. Dennoch ist Ay keineswegs chancenlos. Der Hannoveraner ist ein gut ausgebildeter und hungriger Boxer, der in Australien ein Ausrufezeichen setzen will. Zudem zeigte bereits ein Techniker wie Lara, dass Zerafa durchaus verwundbar ist – was Ay Hoffnung geben dürfte.
Der Deutsche wird voraussichtlich zunächst defensiv kompakt und beweglich agieren, gleichzeitig aber gezielt nach Kontermöglichkeiten suchen. Zerafas Nehmerfähigkeiten sind nicht unumstritten, und genau hier will Ay ansetzen. Ob ihm das gelingt, wird sich am Mittwoch zeigen. „Ich denke, er wird in den ersten Runden versuchen, viele wilde Schläge zu landen – genau da muss ich ihn abfangen. Seine Deckung ist nicht die beste,“ analysiert Ay seinen Gegner.
Von Druck spürt er wenig und sieht die große Chance in Australien:
„Ich denke, den Druck hat eher mein Gegner. Er ist im Ranking deutlich besser platziert als ich und boxt vor heimischem Publikum. Ich selbst verspüre wirklich keinen Druck. Allein, so weit gekommen zu sein, ist für mich schon ein Erfolg – besonders wenn ich bedenke, dass ich während und nach Corona dachte, meine Karriere wäre vorbei.“
Eine Übertragung wird es vermutlich nur in Australien geben
Besir Ay und Michael Zerafa werden auf der hochpreisigen PPV-Card das Co-Main Event des Abends bestreiten. Im Hauptkampf kehrt Ex-Weltmeister Keith Thurman (30-1) zurück und trifft im Superweltergewicht auf den schlagstarken Lokalmatador Brock Jarvis (22-1).
Die 70 australische Dollar teure PPV-Veranstaltung beginnt nach deutscher Zeitrechnung um 9:00 Uhr morgens, sodass das Co-Main Event mit Besir Ay voraussichtlich gegen 11:00 Uhr stattfinden wird. Leider gestaltet sich die Übertragungssituation äußerst ungünstig: Amazon Prime hat bereits bestätigt, dass es keine internationale Übertragung geben wird, sodass der Kampf wohl exklusiv in Australien ausgestrahlt wird. Auch alternative Streaming-Optionen dürften nur schwer auffindbar sein.