
Im emotionalen Rematch setzt sich Ben Whittaker vorzeitig durch – der Abbruch sorgt jedoch für Kritik.
Das britische Halbschwergewicht Ben Whittaker (9-0-1) hat in den letzten Jahren einen kometenhaften Aufstieg hingelegt. Der Silbermedaillengewinner der Olympischen Spiele von Tokio sorgte seit seinem Wechsel ins Profilager für einen regelrechten Hype – vor allem durch seinen polarisierenden und auffälligen Kampfstil, der sich im Social-Media-Zeitalter hervorragend vermarkten lässt.
So wurden aus Aufbaukämpfen plötzlich virale Highlights, von deren Reichweite selbst etablierte Weltmeister träumen. Doch im Oktober des vergangenen Jahres bekam Whittakers glamouröse Fassade erste bedenkliche Risse: Im Kampf gegen seinen Landsmann Liam Cameron (23-7-1) tat sich Whittaker in Riad schwer und stand kurz davor, seine erste Niederlage zu kassieren. Ein spektakulärer beidseitiger Sturz über die Seile führte letztlich zu einem technischen Unentschieden – Whittaker wurde im Rollstuhl aus der Halle gebracht, blieb offiziell ungeschlagen, doch vielen war klar: Ein Rematch ist unausweichlich.
Ben Whittaker siegt durch umstrittenen Kampfabbruch
Am gestrigen Sonntag veranstaltete sein Promoter Boxxer ein größeres Event in der Resorts World Arena in Birmingham, England, mit dem lang erwarteten Rückkampf als Hauptkampf. Die zentrale Frage: Würde sich Whittaker steigern können – oder gelingt es Cameron, den Hype endgültig zu beenden?
Der Kampfverlauf machte schnell deutlich, dass Whittaker diesmal deutlich explosiver wirkte als im ersten Duell. Er landete mehrfach klare Treffer, und in der zweiten Runde wirkte Cameron angeschlagen. Whittaker setzte energisch nach, traf jedoch eher unregelmäßig. Cameron verteidigte sich zwar aber schlug selbst nicht zurück, wurde dabei nicht schwer getroffen. Dennoch griff der Ringrichter überraschend früh ein und brach den Kampf in Runde 2 ab.
Dieser Abbruch stieß auf teils heftige Kritik: Es hatte bis dahin keinen Niederschlag gegeben. Viele Beobachter sahen in der Aktion eine klassische „British Stoppage“.
Whittaker provoziert die Ecke von Cameron nach dem Sieg
Ein kleines Gedankenspiel: Was wäre passiert, wenn Cameron in der zweiten Runde Whittaker angeschlagen hätte? Hätte der Ringrichter dann ebenfalls den ungeschlagenen Silbermedaillengewinner ohne vorherigen Niederschlag aus dem Kampf genommen? Diese Frage ist zwar spekulativ – doch das Szenario erscheint nahezu undenkbar. Entsprechend bleibt ein fader Beigeschmack zurück, auch wenn dies am Sieg von Whittaker nichts ändert.
Nach dem umstrittenen Abbruch präsentierte sich Whittaker zudem alles andere als sportlich: Er lief provozierend in die Ecke von Cameron und lieferte sich dort ein Wortgefecht. Camerons Trainer ließ sich das nicht gefallen und versuchte sogar, Whittaker mit einer Ohrfeige zu treffen, verfehlte jedoch knapp. Insgesamt ein sehr unsympathischer Auftritt des Briten, der jedoch einmal mehr seinen Hype zu nutzen weiß, um kräftig zu polarisieren.
Too bad, maybe next time 🙏
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— Permante (@PermantexG) April 20, 2025
Auf der anschließenden Pressekonferenz zeigte sich dann aber auch die andere Seite Whittakers: Er brach in Tränen aus und verwies auf die zahlreichen Sticheleien und Anfeindungen durch Team Cameron, die er über Monate hinweg habe ertragen müssen. Man spürte deutlich, wie viel Druck auf diesem Rematch lastete – und wie sehr ihm der Sieg als Befreiungsschlag diente.
Frazer Clarke stoppt Ebenezer Tetteh im Schwergewicht
Das britische Schwergewicht Frazer Clarke (9-1-1) wollte nach seiner ersten vorzeitigen Niederlage gegen Fabio Wardley (18-0-1) ein starkes Comeback feiern. Dafür forderte er den letzten Gegner von Dillian Whyte (31-3), den Ghanaer Ebenezer Tetteh (23-3), heraus. Tetteh, der sich gegen Whyte noch solide präsentierte, hatte gegen Clarke jedoch kaum Chancen: Bereits in der ersten Runde musste er zu Boden, stand zwar nochmals auf, wurde jedoch direkt weiterbearbeitet. Der Ringrichter griff erneut früh ein – zum Ärger von Tetteh, der sich benachteiligt fühlte. Dieser Abbruch war jedoch deutlich vertretbarer als jener im Hauptkampf.
Im Co-Mainevent stand das britische Schlachtross Sam Eggington (36-9), der im vergangenen Jahr noch einen großartigen Kampf um die Europameisterschaft gegen Abass Baraou (16-1) verloren hatte. Nun trat er im Superweltergewicht gegen Lee Cutler (15-2) an – der bei den Buchmachern als Favorit galt. Doch im Kampf zeigte sich Eggington wie gewohnt aggressiv und teilte kräftig aus. Beide Boxer waren nach acht Runden sichtbar gezeichnet, ehe der Kampf aufgrund tiefer Cuts bei Eggington abgebrochen wurde. Da diese durch einen Kopfstoß entstanden waren, ging es auf die Scorecards – und Eggington erhielt verdient das einstimmige Punkturteil.
What impresses me most about Sam Eggington: whether he wins or loses, he always looks the same after the fight.
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— Permante (@PermantexG) April 20, 2025
Der ehemalige Europameister im Mittelgewicht, Tyler Denny (20-3-3), traf über zehn Runden auf Elvis Ahorgah (13-4). Denny zeigte sich als der technisch deutlich versiertere Boxer und konnte das Geschehen über weite Strecken kontrollieren. Ahorgah versuchte es mit roher Energie – teilweise schrie er beim Ansturm auf Denny – und lieferte damit durchaus Unterhaltung für die Fans in Birmingham. Technisch reichte es an diesem Abend jedoch nicht aus. Denny erhielt das Punkturteil nach 10 Runden.
Elvis Ahorgah (13-4) 🇬🇭 barely landed any clean shots against Tyler Denny (20-3-3) 🇬🇧 and clearly lost the fight, but he was still entertaining and full of energy.
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— Permante (@PermantexG) April 20, 2025
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