Der 15-jährige Gymnasiast aus Berlin schreibt deutsche Boxsportgeschichte – und ist nebenbei auch noch Schachbox-Weltmeister der Junioren.
Direkt „auf die Zwölf“
Lange fackeln ist nicht seine Sache. Schnell zur Sache kommen hingegen schon. Arminius Rolle feuert drei linke Haken zum Körper, dazu einen zum Kopf. Und noch eine linke Führhand direkt „auf die Zwölf“. Sein Gegner, Constantin Albrecht, ist angeklingelt, der Zahnschutz fällt zu Boden. Da sind erst 45 Sekunden in Runde zwei über die Bühne gegangen. Der Ringrichter gibt den Kampf nach der kurzen Extra-Auszeit wieder frei. Rolle überstürzt nicht, agiert kontrolliert offensiv, lauert auf seine Chance.
Dann aber will er die Sache im Ring beenden. Eine Schlagsalve raubt Albrecht die Luft, der sackt in der Ringecke zusammen, wird angezählt. Der sichtlich Unterlegene rappelt sich noch einmal auf. Zwecklos. Rolle brettert erneut auf Albrecht ein, der wird wieder angezählt – und hat genug, schüttelt mit dem Kopf, signalisiert: „It‘s over!“ Anders ausgedrückt: Sieg für Rolle nach 2:17 Minuten in der zweiten Runde durch TKO.
Mit Ausnahmegenehmigung
Das Besondere: Rolle debütierte am Samstagabend bei der „Boxclub 1. FCN Warriors Night“ in Nürnberg als Deutschlands jüngster Boxprofi. Mit 15 Jahren. Im Weltergewicht bis 67 Kilogramm. Ein Fight angesetzt auf vier Runden – und mit einer Ausnahmegenehmigung des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB).
Und das Besondere des Besonderen: Rolle ist zugleich Schachboxweltmeister der Junioren. Der Teenager aus Berlin holte sich den Titel im vergangenen Herbst im armenischen Jerewan. Auch sein 22-jähriger Kontrahent Albrecht debütierte in der fränkischen Metropole als professioneller Faustkämpfer, und auch er ist Schachboxer.
Der Unterschied: Der Teenager Rolle war dem Twen Albrecht überlegen, haushoch: athletisch, konditionell, mental – und vor allem boxerisch. Der Gymnasiast dominierte den Fight von der Ringmitte aus, stand stabil, agierte aus einer gesicherten Doppeldeckung, stieß explosionsartig vor, landete klare und harte Hände. Ein bereits erstaunliches technisches Repertoire, ein enormes sportliches Potenzial.
Marschroute umgesetzt
Das weiß auch Vater und Trainer Robert Rolle. Der Ex-IBF-Europameister im Halbschwergewicht resümiert gegenüber Boxen1.com: „Arminius hat die Marschroute exakt umgesetzt.“ Es sei Wahnsinn, wie cool und effizient er seinen ersten Profikampf absolviert habe. Und auch der Zögling wirkt sichtlich erleichtert nach dem Duell der Debütanten, mehr noch: Er strotzt förmlich vor Selbstbewusstsein. Zu Recht. Denn er weiß sich einzuschätzen: „Meine Schlagkraft, meine Beinarbeit waren entscheidend für meinen Ko-Sieg“, erklärt er noch im Seilgeviert nach seinem Auftakttriumph.
Keine Hauruck-Aktionen
Wie geht es weiter, wann steht das nächste Gefecht an? Zunächst, so Robert Rolle: „Wir machen keine Hauruck-Aktionen.“ Er wolle seinen Sohn systematisch aufbauen. Zumal der BDB die Auflage erteilt hat, dass Arminius aufgrund seines jungen Alters nur zweimal im Jahr in den Profi-Ring steigen darf. Und was ist mit der Titelverteidigung im Schachboxen? Vater Rolle: Die sei im Oktober in Serbien, „aber noch ist offen, ob Arminius teilnehmen wird.“
Fest steht, das Interesse am Ausnahmetalent mit der BDB-Ausnahmegenehmigung ist in den vergangenen Tagen stark gewachsen. „Die Resonanz ist top“, betont Robert Rolle. Deshalb die Idee: Ein Kampfabend seines ambitionierten Sohnes in den kommenden drei, vier Monaten in Berlin vor heimischer Community. Um wieder zur Sache zu kommen, nicht lange zu fackeln; kurz, um Schlagsalven auf der Bühne vor Publikum abzufeuern.