Im großen Titelvereinigungskampf geht es zugleich um den prestigeträchtigen The Ring-Titel. Eine Schwergewichts-EM ist ebenfalls dabei.
Am Samstag veranstalten Blanko Sports und SES gemeinsam einen weiteren Kampfabend. Austragungsort ist der Olympiastützpunkt in Heidelberg, der zu den modernsten Sporteinrichtungen Europas zählt. Eigentlich werden dort zukünftige Champions geformt, doch diesmal wird ebenfalls die aktuelle Boxelite in den Ring steigen. Auf dem Programm stehen zwei WM-Kämpfe, darunter ein großer Titelvereinigungskampf um drei Weltmeisterschaftsgürtel sowie den prestigeträchtigen The Ring-Titel, der die Nummer eins der Gewichtsklasse kürt.
Mehr geht kaum. Doch auch die Undercard bietet Highlights: Neben einem weiteren WM-Kampf gibt es eine EBU-Europameisterschaft im Schwergewicht sowie eine Juniorenweltmeisterschaft. Ein Grund mehr, sich die Veranstaltung genauer anzusehen – zweifellos eines der großen Highlights im deutschen Boxen des Jahres 2024!
Tina Rupprecht will den Undisputed-Status erreichen
Im Hauptkampf steht die Augsburgerin Tina Rupprecht (13-1-1), die internationale Spitzenklasse im Boxen repräsentiert. Sie hielt einst den WBC-Titel im Minimumgewicht und forderte im vergangenen Jahr die nun zurückgetretene Boxgröße Seniesa Estrada (26-0) in den USA heraus. Zwar unterlag sie damals nach Punkten, doch im Januar nutzte Rupprecht ihre zweite Chance und erkämpfte sich den WBC-Titel im Atomgewicht.
Nun hat Rupprecht ein klares Ziel: die Vereinigung aller Titel im Atomgewicht. Dafür steht ihr am Samstag die japanische Doppelweltmeisterin Eri Matsuda (7-1-1) gegenüber. Matsuda hatte sich im Januar mit einem knappen Punktsieg gegen ihre Landsfrau Yuko Kuroki (23-8-2) die WBA- und WBO-Titel gesichert. Beide Boxerinnen wollen ihre Titelsammlung um einen dritten Gürtel erweitern. Zudem wird die renommierte The Ring-Zeitschrift ihren Titel vergeben, wodurch die Siegerin automatisch zur Nummer eins im Atomgewicht wird. Auch im P4P-Ranking der Damen dürfte dieser Kampf hohe Relevanz haben.
Dieser Titelvereinigungskampf zwischen zwei amtierenden Weltmeisterinnen ist ein absolutes Highlight – sowohl für das deutsche Boxen als auch international für den Frauenboxsport im Jahr 2024. Der Kampf wird, wie im Frauenboxen üblich, über 10 Runden à 2 Minuten ausgetragen. Beide Athletinnen gelten als dynamische Wirbelwinde, und mit Heimvorteil sowie einem stärkeren Resümee wird Rupprecht als Favoritin gehandelt. Doch Matsuda, die als Doppelweltmeisterin antritt, wird alles geben, um ihre Titel zu verteidigen bzw. zu erweitern. Das ist wirklich ein sehr hochklassiger Hauptkampf.
Yamanaka und Bytyqi kämpfen um den letzten verbleibenden Titel im Atomgewicht
Während im Hauptkampf drei Titel auf dem Spiel stehen, bleibt bei den großen Weltverbänden ein Gürtel übrig – jener der IBF. Auch dieser Titel wird am Samstag in Heidelberg ausgefochten. Die ungeschlagene japanische Weltmeisterin Sumire Yamanaka (8-0) eroberte ihn im Januar und trifft nun auf Fabiana Bytyqi (21-1-2). Bytyqi war zuvor WBC-Weltmeisterin im Atomgewicht, verlor jedoch ihren Titel an Tina Rupprecht.
Nun erhält Bytyqi eine weitere Titelchance, die sie unbedingt nutzen möchte. Sie ist keine Unbekannte in Deutschland, da sie schon häufiger auf SES-Veranstaltungen gekämpft hat. Besonders spannend ist, dass am Ende der Veranstaltung möglicherweise ein Kampf um sämtliche Gürtel im Atomgewicht angesetzt werden könnte. Die Veranstaltung trägt schließlich den Titel „Road to Undisputed“ – der Weg zur unumstrittenen Weltmeisterschaft.
Es bleibt abzuwarten, ob es zu einem Rückkampf zwischen Rupprecht und Bytyqi um alle Titel kommt oder ob sich womöglich in Tokio die beiden Japanerinnen im Kampf um die Krone des Atomgewichts gegenüberstehen.
Zakhozhyi verteidigt die Schwergewichts-EM gegen den kurzfristigen Ersatzgegner Xhoxhaj
Neben den großen Frauen-Weltmeisterschaftskämpfen werden in Heidelberg auch die Männer in den Ring steigen. Besonders im Fokus: der 2,07 Meter große Ukrainer Oleksandr Zakhozhyi (19-0). Er sicherte sich im April den Europameistertitel (EBU) mit einem beeindruckenden K.o.-Sieg in der zweiten Runde gegen Granit Shala (16-1). Zakhozhyi wird bereits mit den Klitschkos verglichen, da auch diese einst den Europameistertitel hielten, bevor sie ihre legendären Karrieren starteten.
Natürlich ist ein Vergleich mit den Klitschkos schwierig, doch Zakhozhyi bringt beeindruckende physische Voraussetzungen mit. Der Europameistertitel im Schwergewicht hat zudem eine besondere Tradition – Größen wie Lennox Lewis und zuletzt Agit Kabayel hielten diesen Gürtel.
Zakhozhyi sollte ursprünglich gegen den Schweizer Arnold Gjergjaj (38-3) antreten, doch dieser musste kurzfristig verletzungsbedingt absagen. Als Ersatzgegner konnte Labinot Xhoxhaj (19-0-1) verpflichtet werden. Der Kosovare war zuletzt im Bridgerweight aktiv und nahm die Herausforderung dankbar an. Als klarer Underdog hat Xhoxhaj die historische Chance, nach über 20 Jahren wieder einen Europameistertitel ins Kosovo zu holen – ein Erfolg, der zuletzt Luan Krasniqi gelang. Allerdings bleibt abzuwarten, ob er ohne gezielte Vorbereitung mithalten kann.
Devrim Gökduman möchte IBF-Juniorenweltmeister im Leichtgewicht werden
Ein weiterer Titelkampf findet im Leichtgewicht statt, wo Devrim Gökduman (10-0) sich den ersten internationalen Titel seiner Profilaufbahn sichern möchte. Gökduman gewann zuletzt einen Titel beim BDB und blickt auf eine sehr starke Amateurlaufbahn zurück. So nahm er beispielsweise an der Weltmeisterschaft 2023 in Usbekistan teil, wo er es bis ins Viertelfinale schaffte. Gökduman gilt als ein interessantes Talent, das technisch stark und hervorragend ausgebildet ist. Wenig überraschend also, dass er zuletzt in den USA Sparring betrieb und dort mit Weltmeister Shakur Stevenson den Ring teilte.
Nun fordert er den ungeschlagenen Venezolaner Yohan Morocoima (16-0) heraus, der 15 seiner 16 Siege vorzeitig erzielte. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass nur drei dieser Siege gegen Gegner mit einer positiven Kampfbilanz erzielt wurden – das sieht bei Gökduman allerdings nicht besser aus. Dennoch muss man Gökduman aufgrund seines boxerischen Backgrounds favorisieren, doch Morocoima ist nicht zu unterschätzen. Er ist eine typische „Latino-Wundertüte“, die mit viel Offensivdrang und Aggressivität auftreten wird. Ob es boxerisch für Gökduman reicht, bleibt zwar abzuwarten, doch der Kampf ist dennoch sehenswert.
Die weitere Undercard ist ebenfalls sehenswert
Der erste live übertragene Kampf in Heidelberg wird das Duell im Superleichtgewicht zwischen Alexander Hofmann (11-0) und Cheik Abdoul Zongo (8-0) sein. Auch hier ist das Muster gleich: Beide Boxer sind ungeschlagen, und die ausländische b-side bringt eine beeindruckende KO-Statistik mit. Zongo hat sogar alle seine Kämpfe vorzeitig gewonnen, doch der Mann aus Burkina Faso dürfte selbst den größten Boxexperten kaum ein Begriff sein. Was man von dem Kampf halten kann, bleibt abzuwarten, doch ungeschlagene Gegner darf man nie unterschätzen.
Insgesamt ist die bevorstehende Fightcard von hoher Qualität. Das zeigt sich auch daran, dass selbst die nicht übertragenden Prelims teilweise äußerst sehenswert erscheinen. Noah Fischer (3-0), der gemeinsam mit Devrim Goekduman in den USA trainiert hat, wird kämpfen und auf einen Polen mit einer soliden Bilanz treffen. Deutlich weniger beeindruckend mag zwar die Bilanz von Dominik Ameri (23-24) wirken, doch Ameri hat in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass er mit einer guten Vorbereitung ein sehr harter Gegner sein kann. So geschehen zuletzt auf einer Universum-Veranstaltung gegen Leon Bauer (21-0-1), wo er den Kampf überraschend ausgeglichen gestaltete. Ameri trifft nun auf den ungeschlagenen Lokalmatador Elija Uelkueseven (7-0), was spannend werden dürfte.
Man kann noch weitere interessante Paarungen finden: Yasin Basar (8-1) meldet sich beispielsweise nach seiner starken Leistung gegen Roman Fress (22-1) zurück und fordert Juan Diaz (12-1), der alle seine Siege vorzeitig erzielte und einen soliden Amateur-Background mitbringt. Allgemein sind die Boxer an diesem Tag in Heidelberg auf beiden Seiten gut ausgebildet. Anders als bei Veranstaltungen, wo man auf das typische „georgische Busmodell“ mit kumulierten 500 Niederlagen trifft, ist das hier nicht der Fall. Nahezu alle Boxer haben gute Bilanzen und verfügen über einen soliden Background. Lob daher für das durchdachte Matchmaking.
Restkarten sind auf Eventim verfügbar – BR überträgt die Hauptkämpfe im Livestream
Insgesamt sind 12 Kämpfe geplant, von denen allerdings nur die fünf Hauptkämpfe ab 20:30 Uhr im BR-Livestream übertragen werden. Das ist fast schon schade, da diese hervorragende Card es wert wäre, von Beginn an live verfolgt zu werden.
Umso erfreulicher ist es, dass noch wenige Restkarten für das Event verfügbar sind. Die Kämpfe beginnen im Olympiastützpunkt Heidelberg am Samstag um 18 Uhr.