Der Heilbronner Slawa Spomer steht vor dem größten Kampf seiner Karriere und möchte im Madison Square Garden erfolgreich sein.
Der Februar hält für deutsche Boxsportfreunde einiges parat. Am Samstag findet das AGON-Sports-Event mit Felix Sturm in Neu-Ulm statt, eine Woche später steigt der große Riad-Kracher mit Agit Kabayel. Etwas unscheinbarer mag dagegen das Top-Rank-Event am Freitag erscheinen – dabei hält es einen echten Knaller bereit! Die deutsche Boxhoffnung Slawa Spomer (20-0) tritt im Co-Main-Event von Top Rank im Madison Square Garden Theater an. Dem Gewinner winkt eine WM-Chance gegen Doppelweltmeister Sebastian Fundora (21-1-1). Doch auch die restliche Fightcard bietet eine Weltmeisterschaft sowie große Namen auf der Undercard. Grund genug also, sich das Event einmal genauer anzuschauen.
Slawa Spomer – gelingt der endgültige internationale Durchbruch?
WBO Global / WBA-Intercontinental Champioship: Milan Prat (FRA) – Slawa Spomer (GER)
© Torsten Helmke
Wenn es rein um das boxerische Vermögen ginge, müsste Slawa Spomer ein gefeierter Boxstar in Deutschland sein. Spätestens nach seiner beeindruckenden Performance im Oktober 2023 gegen Milan Prat (25-1) zeichnete sich ab, dass dieser Mann zu Höherem berufen ist. „Der Kampf war sicherlich der, der bewiesen hat, dass ich zur Weltspitze gehöre“, sagte Spomer zu Boxen1.
Nach dem großen Erfolg wurde es jedoch etwas stiller um den Heilbronner, und das Momentum in seiner Karriere schien zu verpuffen. Im Hintergrund wurde aber tatkräftig gearbeitet und die Weichen für eine hoffentlich glorreiche Zukunft gestellt. Im vergangenen Jahr unterschrieb Spomer bei Legacy Sports Management – ein Schritt, der sich nun auszahlen könnte, da er vor dem größten Kampf seiner Karriere in New York steht. Über seinen Deal mit Legacy-CEO Karim Akkar entgegnet Spomer: „Ganz kurz und knapp gesagt: Karim war der Einzige, der meinen Wert zu schätzen wusste. Alle anderen haben meinen Wert nicht erkannt.“
Leider erkennen auch viele Boxsportfreunde in Deutschland seinen großen Wert nicht wirklich an, da es verhältnismäßig ruhig um den Kampf bleibt. Doch davon möchte sich Spomer nicht beirren lassen. Für ihn gibt es nur ein Ziel: der Sieg am Freitag gegen einen sehr talentierten und starken Gegner.
Xander Zayas möchte den letzten Schritt bis zur Weltmeisterschaft gehen
Auf der Gegenseite wird der 22-jährige Puerto Ricaner Xander Zayas (20-0) stehen, der bereits mit 16 Jahren beim Promotergiganten Top Rank unterschrieb. Zayas gilt als großes Talent und ist noch ungeschlagen. Zuletzt bezwang er eine Reihe solider Gegner, darunter auch den brasilianischen Ex-Weltmeister Patrick Teixeira (35-5). Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Zayas noch an der Schwelle zur Weltspitze steht und noch nie einen so starken Gegner wie Spomer vor die Fäuste bekommen hat.
Ein Blick in die Rankings zeigt, dass Zayas aktuell die Nummer 1 der WBO ist und zudem in den Top 5 der WBC sowie WBA steht. Spomer ist immerhin bei der WBO gerankt, könnte sich aber mit einem Sieg über Zayas an die Spitze katapultieren und seinen Traum von der Weltmeisterschaft verwirklichen. Doch allein die Gelegenheit, in New York im Madison Square Garden gegen einen Weltklassemann zu kämpfen, ist bereits ein wahr gewordener Traum, den Spomer seit langer Zeit verfolgt – und nun endlich lebt.
„Es ist mir bewusst, dass das die größte Aufgabe meiner boxerischen Karriere ist. Es ist die größte Hürde, die ich zu erklimmen habe, die steht nun bevor. Gleichzeitig muss ich sagen: Ich bin zuversichtlich und komme nach New York, um zu gewinnen! Das ist das Ziel, das mir durch den Kopf herumschwirrt. Es wird hart, das weiß ich – aber es ist nicht unmöglich.“
Zayas geht als Favorit in den Kampf – Spomer glaubt an seine Chance
Gelegenheiten ergeben sich für deutsche Boxer im Ausland häufiger, genutzt hat sie bisher jedoch kaum jemand. Bei Spomer soll es anders laufen, denn er glaubt an seine Fähigkeiten und möchte der ganzen Welt beweisen, dass diese Bühne genau die ist, die seiner Leistungsfähigkeit entspricht. Er will gegen die Besten der Welt kämpfen – und bestehen. Dafür trainiert er täglich hart und gibt sein Bestes. Anfang des Jahres flog er nach Kalifornien, um sich über vier Wochen lang auf den großen Kampf mit Roy Jones Jr. vorzubereiten, der ihn coachen wird.
Leicht wird es jedoch nicht – Zayas gilt als Favorit. Er hat den Heimvorteil, kämpft auf der Veranstaltung seines Promoters, was einen Punktsieg für Spomer erschweren dürfte. Zudem verfügt er über starke boxerische Mittel, die seine Gegner regelmäßig in Bedrängnis bringen. Zayas setzt auf einen guten Jab, kann episodisch hohen Druck erzeugen, lässt seine Gegner aber auch gelegentlich kommen, um mit gezielten Uppercuts und Haken aus verschiedenen Winkeln zu kontern. Er ist kein wilder Brawler, sondern verfolgt einen taktisch smarten Ansatz, um mit seiner großen Reichweite den Kampf zu kontrollieren.
Für Spomer dürfte die Marschroute klar sein: nach vorne gehen. Er ist ein zäher Fighter mit hoher Energie, der es liebt, in die Nahdistanz zu gehen und harte Schlagserien zu tauschen. Spomer verfügt über gute physische Voraussetzungen, viel Erfahrung und einen unbändigen Siegeswillen, der ihn zu einem gefährlichen Herausforderer macht. Klar ist aber auch, dass Zayas ihm mehr abverlangen wird als Milan Prat, dessen offene Kampfführung Spomer entgegenkam.
„Jeder Boxsportfreund – das muss kein Freund von mir sein – darf sich auf einen sehr heißen, spannenden Kampf auf technisch hohem Level freuen. Er darf sich Boxen vom Feinsten anschauen. Das garantiere ich!“
Unabhängig vom Ausgang kann man Slawa Spomer nur alles Gute für seinen großen Kampf am Freitag in New York wünschen. Er ist ein talentierter und tougher Boxer, der vor einer enormen Herausforderung steht – aber auch vor einer riesigen Chance. Boxen1 wünscht dem sympathischen Heilbronner viel Erfolg und hoffentlich einen furiosen Auswärtssieg!
Keyshawn Davis möchte Weltmeister werden
Zayas und Spomer treten im Co-Mainevent gegeneinander, der Hauptkampf des Abends wird hingegen die WBO Weltmeisterschaft im Leichtgewicht sein. Hier ein kleiner Überblick der spannenden restlichen Kämpfe der Veranstaltung.
Denys Berinchyk (19-0) #10 vs. Keyshawn Davis (12-0) #7, Leichtgewicht: Hierbei geht es um die WBO-Weltmeisterschaft im Leichtgewicht. Der Ukrainer Berinchyk konnte sich diesen Titel im Mai mit einem verdienten Punktsieg über Emanuel Navarrete sichern. Berinchyk ist ein harter Kämpfer und hat sogar schon in Bareknuckle-Formaten Erfahrungen gesammelt. Mit seinen 36 Jahren scheint er jedoch nicht unbezwingbar zu sein. Gegen Navarrete profitierte er davon, dass dieser aus dem Federgewicht aufgestiegen war und im Leichtgewicht nicht wirklich zu Hause ist.
Keyshawn Davis hingegen galt als Elite-Amateur und gewann bei den Olympischen Spielen in Tokio die Silbermedaille. Er ist einer der größten Hoffnungsträger von Top Rank und geht auch in diesem WM-Kampf als Favorit an den Start.
Das Schwergewicht Jared Anderson meldet sich nach der harten Bakole-Niederlage zurück
Jared Anderson (17-1) #19 vs. Marios Kollias (12-3-1) #94, Schwergewicht: Jared Anderson ist ein weiterer prominenter Name auf der Undercard. Er hat sich als talentierter Puncher einen Namen gemacht, wurde jedoch in seinem letzten Kampf von Martin Bakole brutal gestoppt. Diese krachende Niederlage entzauberte ihn regelrecht. Nun steht sein erster Kampf nach dieser Pleite an.
Sein Gegner, der solide Kollias, ist in Deutschland bekannt, da er in Rostock den P2M-Schützling Felix Langberg schwer verletzte und stoppte. Kollias ist ein solider Boxer auf europäischem Niveau, sollte aber für einen ambitionierten Kämpfer mit Weltmeisterschaftsansprüchen keine große Hürde darstellen. Anderson muss nun beweisen, dass er die Bakole-Niederlage mental und physisch verkraftet hat.
Das heiße Top-Prospect Abdullah Mason kämpft ebenfalls
Abdullah Mason (16-0) #17 vs. Manuel Jaimes (16-2-1) #135, Leichtgewicht: Mit Mason steht einer der heißesten Nachwuchsboxer auf der Card. Der 20-jährige Southpaw sorgt in den USA bereits für großen Hype, da er als herausragendes Talent mit vielversprechendem Punch gilt. Allerdings wurde dieser Hype in seinem letzten Kampf gegen Yohan Vasquez auf die Probe gestellt, als Mason in der ersten Runde zweimal niedergeschlagen wurde. Dennoch konnte er den Kampf noch drehen und am Ende vorzeitig gewinnen.
Jaimes ist ein solider Gegner, enttäuschte jedoch in seinem letzten Kampf gegen Rolly Romero, den er klar nach Punkten verlor. Dennoch wurde Jaimes bisher noch nie gestoppt, was den Kampf für Mason zu einer sinnvollen Herausforderung macht.
Mit Rohan Polanco und Jean Carlos Torres treffen zwei Top 15-Weltergewichte bei der WBO aufeinander
Rohan Polanco (14-0) #10 vs. Jean Carlos Torres (22-1), Weltergewicht: Im aktuell etwas schwächelnden Weltergewicht möchte Polanco seinen Weg an die Weltspitze ebnen. Der Olympiateilnehmer von Tokio unterschrieb bei Top Rank und zeigte in seinen letzten Kämpfen vielversprechende Leistungen. Dadurch rangiert er aktuell auf Platz 10 bei BoxRec und auf Platz 13 der WBO-Rangliste.
Sein Gegner Torres steht in der WBO-Rangliste auf Platz 10. Der Sieger des Kampfes kann also einen großen Sprung nach vorne machen, während der Verlierer vermutlich aus den Rankings fällt. Für Polanco ist es entscheidend, schnell an Relevanz in den Ranglisten zu gewinnen, um baldige Titelchancen zu erhalten. Torres hat bislang vor allem in Puerto Rico gekämpft und ist schwer einzuschätzen. Sollte er Polanco besiegen, wäre das eine große Überraschung.
Eine Übertragung in Deutschland ist ungewiss – ESPN überträgt in den USA
Mit Vito Mielnicki Jr. (20-1) steht noch ein bekannter Ticketverkäufer auf der Fightcard, der im Mittelgewicht auf den ungeschlagenen Connor Coyle (21-0) trifft. Zudem kehrt Muhammad Alis Enkel, Nico Ali Walsh (10-1), zurück und will gegen Juan Carlos Guerra Jr. (5-1-1) einen weiteren Sieg einfahren. Insgesamt ist die Fightcard ansprechend – ein Umstand, der in der jüngeren Vergangenheit nicht immer für Top Rank-Veranstaltungen galt. Mit dem Spomer-Kampf hat man zudem ein echtes deutsches Box-Highlight im Programm.
Nun folgt jedoch der frustrierende Teil des Boxsports: die TV-Übertragung. In den USA wird die Veranstaltung von Top Rank auf ESPN übertragen. In Deutschland gibt es jedoch voraussichtlich keine offizielle Möglichkeit, diesen Kampf legal zu sehen. Gelegentlich wurden Top Rank-Events in der Vergangenheit kostenlos auf YouTube gestreamt, aber das ist zuletzt nicht mehr passiert. Falls Legacy Sports Management keine TV-Rechte für Deutschland gesichert hat, könnte es bedeuten, dass es keine legale Übertragung gibt.
Ein möglicher Umweg wäre die polnische TVP-Sport-Übertragung, die kostenlos über einen polnischen VPN abrufbar ist. Dafür benötigt man lediglich einen polnischen VPN-Zugang und muss einen potentiellen Werbeblocker deaktivieren.
Der Kampf von Slawa Spomer dürfte gegen 4 Uhr deutscher Zeit stattfinden.